Landesverwaltungsamt sieht rechtswidrige Kompetenzüberschreitung des Kreistages / Vollzug des Beschlusses bleibt vorerst ausgesetzt
Schleiz. In einem im Saale-Orla-Kreis äußerst seltenen Vorgang beanstandet Landrat Christian Herrgott einen Beschluss des Kreistages, den das Gremium in seiner letzten Sitzung am 9. September fasste. Konkret geht es um einen Antrag mit dem Titel „Keine Versiegelung von land- und forstwirtschaftlichen Flächen durch PVT Freiflächenanlagen im Saale-Orla-Kreis“, den die Fraktion UBV/FPD/WU in den Kreistag einbrachte und der mit leichten Änderungen von einer Mehrheit beschlossen wurde.
Nachdem bereits innerhalb der Kreisverwaltung Zweifel an der Rechtmäßigkeit aufkamen, prüfte das Thüringer Landesverwaltungsamt den Beschluss. Das Landesverwaltungsamt sieht den Kreistagsbeschluss als teilweise rechtswidrig an, womit der Landrat verpflichtet ist, ihn zu beanstanden. Im Ergebnis bedeutet das, dass der Kreistag bei seiner nächsten Sitzung über die Beanstandung beraten und sich damit erneut mit der Thematik befassen muss. Bis dahin entfaltet der Beschluss durch seine Rechtswidrigkeit keine Wirkung.
Knackpunkt ist der letzte Satz des vier Punkte umfassenden Beschlusses, der lautet: „Bis zum Abschluss dieser Gespräche sind durch den Saale-Orla-Kreis keine neuen Photovoltaikanlagen und Windenergieanlagen auf land- und forstwirtschaftlichen Flächen zu genehmigen.“ Mit dieser Formulierung verstößt der Kreistag sowohl gegen Landes- als auch Bundesrecht und überschreitet damit seine Kompetenzen.
Der Kreistag darf lediglich Entscheidungen innerhalb seiner gesetzlich festgelegten Zuständigkeiten treffen – innerhalb des sogenannten eigenen Wirkungskreises. Für die Verfahren über die Genehmigung von Photovoltaik- oder Windkraftanlagen steht dem Kreistag jedoch kein Weisungsrecht zu, weswegen der Kreistagsbeschluss an dieser Stelle rechtswidrig ist und der Landrat ihn nicht vollziehen darf.
Landrat Christian Herrgott bedauert, dass er so handeln muss. „Unter der derzeitigen Gesetzeslage der Ampelregierung kann einer fehlgeleiteten Energiepolitik zu Lasten der Anwohner und der Natur vor Ort leider kein Einhalt geboten werden“, so Herrgott.
In der Praxis bedeutet das, dass die Genehmigung von Photovoltaik- und Windkraftanlagen im Saale-Orla-Kreis nicht pauschal ausgesetzt werden darf. Sofern die gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt sind, muss die Bauaufsichtsbehörde (Photovoltaikanlagen) bzw. die Umweltbehörde (Windkraftanlagen) des Saale-Orla-Kreises genehmigungsreife Anträge weiterhin zulassen. Andernfalls drohen dem Landkreis Untätigkeits- und Schadensersatzklagen sowie Strafanzeigen wegen Rechtsbeugung samt damit einhergehender Verfahrensgebühren und Anwaltskosten.
Pressesprecher
Alexander Hebenstreit
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