Am Rollator schlurcht sie über den Gang,
leere Augen nach unten gerichtet.
Vor sich hin murmelnd, wie monotoner Gesang,
ein Lied, nicht von Komponisten gedichtet.
Von einer Wand geht sie zur andern,
aus dem Fenster schaut sie dabei nicht!
Der Rücken gebeugt, ein ruhloses Wandern,
und tiefe Falten im alten Gesicht.
„Demenz“, sagt ihre Tochter, „dagegen hilft nix!
Was sollte ich tun, kann sie nicht betreu’n!
Die Situation ist wie verflixt.
Werd ich die Entscheidung einmal bereu’n?“
Wie in Rilkes „Panther“ läuft die Frau hin und her.
Als wär sie in einem Käfig mit Gitterstäben.
Wie war sie früher, war ihr Dasein schwer?
Krieg hat sie überstanden, im jungen Leben.
Der Mann gefallen, sie mit den Kindern allein!
Geschuftet, gedarbt, um für die Liebsten zu sorgen.
Und nun hört jeder Gedanke in ihr auf zu sein!
Für die Mutter gibt es kein fröhliches Morgen.
Geschäftig rennen Pfleger über den Flur.
Sie tun ihren Job, der viel abverlangt.
Täglich einen kleinen Gedanken nur,
an die alte Frau: Warum ist sie so krank?
Kann es mir eines Tages selbst so ergehn,
dass ewige Nacht in den Gedanken regiert?
Menschen, die hier leben mit dem Herzen zu sehn,
wird selbst in der härtesten Seele gespürt.
von Brigitte Richter, Thierbach
