Bildung und Schule:
Sehen Sie als Kreistagsmitglied Möglichkeiten dem Lehrermangel an unseren Schulen entgegenzuwirken?
Das pädagogische Personal in Schulen wird vom Land angestellt, sodass die kommunale Ebene keine direkte Kontrolle hat. Die Stellenbesetzung erfolgt durch das Bildungsministerium oder die Schulämter, wie das Schulamt Ostthüringen. Ein Mangel an Lehrkräften ist ein deutschlandweites Problem, auf Landesebene werden bereits finanzielle Anreize geboten, um Lehrer*innen für ländliche Gebiete zu gewinnen. Im Kreistag können wir dazu beitragen, den Saale-Orla-Kreis für junge Lehrkräfte attraktiv zu gestalten, mit modernen Schulen, gutem ÖPNV, kulturellen Angeboten und einer offenen Willkommenskultur.
Wie wollen Ihre Partei / Wählergemeinschaft den Sanierungsstau an unseren Schulen entgegenwirken?
Wir wollen die Landes- und Bundesförderungen ausschöpfen und darauf achten, dass die Schulsanierungen effizient und nachhaltig umgesetzt werden. Um die Herausforderungen zu bewältigen, müssen Projektplanung und Förderantragsstellung hohe Priorität bekommen. Leider sind die Ursachen für den Sanierungsstau aber nicht nur in der Planung und Antragstellung zu suchen, sondern auch in der Verfügbarkeit von Handwerkern und Baufirmen..
Gesundheitswesen:
Im ländlich geprägtem Saale-Orla-Kreis wird es zukünftig einen erheblichen Mangel an Arztpraxen geben. Wie wollen Sie die medizinische Grundversorgung im Landkreis langfristig sicherstellen?
Um die medizinische Versorgung aller Menschen im SOK sicherzustellen, setzen wir uns für den Erhalt der bestehenden Krankenhäuser und die flächendeckende Versorgung mit Ärztinnen, Pflegeangeboten und Präventionsangeboten ein. Dafür können Medizinische Versorgungszentren, in denen Bürger*innen an einem Ort gebündelt medizinische und soziale Angebote vorfinden, einen Ansatz bieten. Außerdem sollten wir alternative Pflegekonzepte wie ambulante Pflegedienste, Telemedizin und gemeindenahen Unterstützungsstrukturen erproben, um eine flächendeckende Versorgung zu gewährleisten.
Welche Möglichkeiten haben Sie, die Pflege sicher zu stellen (Fachkräftemangel, hohe Kosten)?
Um dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken, ist eine Verbesserung der Arbeitsbedingungen in Gesundheitsberufen sowie ein gemeinwohlorientiertes Gesundheitssystem zentral, für den wir uns als Grüne auf allen Ebenen einsetzen. Um junge Menschen nach dem Studium in den SOK zu holen, braucht es mehr als finanzielle Anreize. Sie müssen hier attraktive Lebensbedingungen vorfinden: Gute Infrastruktur, Anbindung der ländlichen Regionen an den Nahverkehr und familienfreundliche Gemeinden.
Solarparks und Windkraftanlagen:
Wie steht Ihre Partei / Wählergemeinschaft generell zum Ausbau der erneuerbaren Energien?
Unser Ziel sind möglichst unabhängige Gemeinden mit einer dezentralen Energieversorgung, die für Wertschöpfung in der Region und nicht für Profite von großen Energiekonzernen sorgt. Dabei setzen wir vor allem auf den Ausbau von Solar auf Hausdächern und Energie(spar)konzepte in den Kommunen.
Können und werden Sie die Versiegelung der land- und forstwirtschaftlichen Flächen verhindern?
Täglich werden in Deutschland circa 50 Hektar Fläche für Verkehrs- und Siedlungsflächen ausgewiesen. Wenn wir über Flächenversiegelung sprechen, müssen wir uns an dieser Stelle also vor allem den Verkehrs- und Bausektor anschauen. Als Grüne stehen wir für eine konsequente Senkung des Flächenverbrauchs und mehr Raum für die Natur. Dass für Windräder und Solarflächen auch Boden in Anspruch genommen wird, ist nicht zu vermeiden – hier gilt es, versiegelungsarme Lösungen zu priorisieren, gut zu planen und ökologischen Ausgleich zu schaffen. Es gilt auch, sich die Alternativen bewusst zu machen: Für den Kohleabbau werden ganze Dörfer und Landstriche abgebaggert.
Gebührenbelastung der Bürger:
Im Bereich Energie, Wasser, Abwasser und auch Abfälle steigen die Kosten und Gebühren immens. Wo sehen Sie hier Einflussmöglichkeiten des Kreistages auf die Belastung der Bürger?
Hier hat der Kreistag durchaus Einflussmöglichkeiten auf die Belastung der Bürger. Wir setzen uns dafür ein, dass die Kosten gerecht verteilt werden und ökologische Aspekte stärker berücksichtigt werden. Dazu gehören zum Beispiel die Förderung von erneuerbaren Energien, die Reduzierung von Wasserverbrauch und Abfallaufkommen sowie Anreizsysteme für eine umweltfreundliche Entsorgung. Für Gebührenstabilität brauchen wir zudem regelmäßige Investitionen in die Wasserinfrastruktur, z.B. in vernachlässigte Abwasserkanäle, um langfristig Fixkosten zu sparen.
Können und werden Sie bzw. ihre Partei / Wählergemeinschaft klein- und mittelständige Unternehmen entlasten?
Auf Kreisebene wollen wir bürokratische Hürden abbauen, um die Rahmenbedingungen für kleine und mittelständische Unternehmen zu verbessern. Dazu gehört auch die Förderung von Innovationen und die Schaffung eines attraktiven Lebensumfeldes zur Fachkräftegewinnung. Die Wirtschaftsförderung wollen wir stärker auf Umwelt- und Klimaschutz sowie sozial verträgliche Arbeitsbedingungen ausrichten.
Infrastruktur:
Positionierung zum Wiederaufbau der Linkenmühlenbrücke.
Wir unterstützen den Wiederaufbau, vorrangig als Fahrrad- und Fußgängerbrücke, die auch von Kleinbussen und für Rettungswagen befahrbar ist.
Migration:
Können Sie versprechen, dass keine Sporthallen und andere öffentliche Einrichtungen für die Aufnahme von Flüchtlingen geschlossen werden?
Nein. Für eine menschenwürdige Unterbringung sind dezentrale Lösungen jedoch immer großen Hallen vorzuziehen. Eine dezentrale Unterbringung ist zudem im Sinne aller Beteiligten und finanziell sinnvoller. Dafür werden wir uns einsetzen.
Unterstützen Sie die Initiative vom Landrat Christian Herrgott Flüchtlinge für 80cent pro Stunde zur Arbeit zu verpflichten oder was würden Sie anders machen?
Menschen aus dem Ausland wird es schwergemacht, Ausbildung, Arbeit oder Sprachkurse im Saale-Orla-Kreis zu erhalten. Personen im Asylverfahren dürfen in Deutschland bisher nicht arbeiten gehen. Eine Arbeitspflicht einzuführen, solange es ein Arbeitsverbot für Asylbewerber gibt, ist widersprüchlich und wir lehnen sie ab. Als Grüne fordern wir einen Ausbau von Integrationsangeboten, eine schnellere Anerkennung von Berufsabschlüssen und leichteren Zugang zu Ausbildung und Arbeitsmarkt. Das ist auch wichtig, um dem Fachkräftemangel, z.B. in den Krankenhäusern, entgegenzuwirken.
Zum Schluss sei noch die Frage erlaubt, ob Ihre Partei / Wählergemeinschaft mit allen im Kreistag vertretenen Fraktionen auf Sachebene zusammenarbeiten wird oder ob Parteipolitik über der Kommunalpolitik steht (Stichwort Brandmauer)?
Für uns ist eine Zusammenarbeit mit allen demokratischen Parteien auf der Sachebene essentiell, um Projekte im Kreistag voranzubringen. Diese Bereitschaft erwarten wir auch von allen anderen demokratischen Fraktionen. An erster Stelle für unsere politische Ausrichtung stehen demokratische Werte wie Menschenrechte, Vielfalt und Rechtsstaatlichkeit. Die AfD gehört deshalb nicht zu möglichen Partnern.
Karoline Jobst