Von altem Brauchtum: Sommergewinn

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In heidnischer Zeit fand sechs Wochen nach Imbolc ein weiteres Fest statt. Der Volkskundler Ernst Stahl schreibt darüber: »Ein altes deutsches Volksfest ist das Sommereinbringen oder wie es in Thüringen und besonders in Eisenach genannt wird, der ›Sommergewinn‹, in dessen Verlauf man festliche Umzüge um die Felder anstellte oder Strohfeuer abbrannte, um einen glücklichen und ertragreichen Sommer zu gewinnen. Man sang dabei Lieder wie: ›Und tragen wir den Tod [Winter] hinaus, das neue Jahr hinein. Willkomm´ angenehmer Frühling! Willkomm´ hervorkeimendes Gras!‹ Anschließend wurde eine Strohpuppe ins Wasser geworfen. Noch bis 1850 war es in Debschwitz bei Gera üblich, eine mit Lappen behängte Strohpuppe in den Häusern umherzutragen und sie dann in die Elster zu werfen. Wie an einigen in katholischen Ländern um diese Zeit geübten Bittgottesdiensten noch erkennbar ist, zählte es zu den weiteren Zwecken des ursprünglichen Festes auch die Saat zum Aufgehen zu bringen bzw. die austreibende Feldfrucht vor der brennenden Frühjahrssonne zu schützen. Auch im Oberland war der ›Sommergewinn‹ bekannt und Robert Hänsel beschrieb den Brauch des ›Todaustreibens und seine Folgen in Oschitz und Rödersdorf‹. Andernorts ist das Brauchtum teils in den Fastnachts-, teils in den Osterbräuchen aufgegangen. Der Zeitpunkt des Festes war örtlich verschieden, im Oberland am Sonntag Lätare [Licht aus dem Dunkel], dem vierten Fastensonntag in der Mitte der Fastenzeit, andernorts hingegen zu Maria Verkündung [25. März], der Zeit nach der Frühjahrstag- und Nachtgleiche.1

Über den Autor
Alexander Blöthner M. A. (phil.), gebürtig in Plothen bei Schleiz, hat an der Universität Jena ein ›Studium Generale‹ mit Schwerpunkt auf Geschichte und Soziologie absolviert und verfasst Bücher über Lebensphilosophie, Sagen, Orts- und Regionalgeschichte, Landschaftsmythologie als auch Alltags-, Sozial- und Wirtschaftsgeschichte. Autorenwebseite: Sagenhafte Wanderungen

1 Vgl. Johann August E. Köhler: Volksbrauch, Aberglauben und andere Überlieferungen im Voigtlande, Leipzig 1867, S. 173; Robert Hänsel: Die alte Sitte des ›Todaustreibens‹ und ihre Folgen in Oschitz und Rödersdorf, in: Reußischer Erzähler – Unterhaltungsbeilage zur Schleizer Zeitung, Schleiz, Nr. 7 (1934).; Stahl 1979/1, S. 46; Michels 1998, S. 118, 120

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