Handwerk mit Tradition – 100 Jahre Tischlerei Drechsel

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Im Gewerbegebiet Schönbrunn befindet sich ein Handwerksbetrieb, dessen Tradition man ihm von außen kaum ansieht. Die Geburtsstunde des Unternehmens lässt sich in das Jahr 1920 zurückverfolgen, damals wagte ein junger Stellmacher mit gerade einmal 21 Jahren den Schritt in die Selbstständigkeit. Gustav Drechsel begann auf dem eigenen Hof in Ruppersdorf, neben der damals üblichen Landwirtschaft, mit der Herstellung von Wagenrädern, kompletten Leiterwägen und allerlei Handwerkszeug aus Holz, was damals auf den Dörfern benötigt wurde.


Als Werkstatt diente damals ein kleiner Nebenraum des Kuhstalls unter der Scheune. Nach kurzer Zeit konnte eine Bandsäge und eine Abrichthobelmaschine gekauft und ein neues kleines Werkstattgebäude errichtet werden. Dieses musste um 1950 erweitert werden, denn zu dieser Zeit begann Gustavs Sohn Siegfried seine Ausbildung im elterlichen Betrieb. Nach erfolgtem Abschluss als Stellmacher und einer kurzen Zeit in einem größeren Stellmacherbetrieb in Ronneburg arbeitete Siegfried mit seinem Vater zusammen.


Anfang der 1960er Jahre, nach dem Tod des Vaters und der Ausgliederung der Landwirtschaft in die LPGs, verlagerte Siegfried die Werkstatt in den ehemaligen Kuhstall. Dies wurde nötig, um für den wachsenden Maschinenpark Platz zu schaffen. Mit dem Aufkommen der LPGs und der Industrialisierung der Landwirtschaft schwand aber auch der Bedarf an den Produkten des Stellmacherhandwerks. So wandelte Siegfried Drechsel die Produktpalette nach und nach in Richtung Tischlerhandwerk, indem er sich, den zu DDR-Zeiten üblichen Widrigkeiten zum Trotz, das Fensterbauen aneignete. Über die Jahre kam dann der Gestellbau für Polstermöbel, furnierte Innentüren und Massivholzparkett hinzu.

In den 1970er Jahren stand die nächste Generation in den Startlöchern, als erst der älteste Sohn Uwe und später der jüngste Sohn, Jürgen, eine Ausbildung zum Tischler in Betrieben der Lobensteiner Region begannen. So konnte es vorkommen, dass in den achtziger Jahren gleich drei Drechsels in der kleinen, über die Jahre immer weiter gewachsenen Werkstatt anzutreffen waren. Zu dieser Zeit machte Uwe Drechsel auch seinen Meister im Tischlerhandwerk und traute sich anschließend, sich in Drognitz selbstständig zu machen.

In Ruppersdorf arbeiteten unterdessen Siegfried und Jürgen weiter Hand in Hand weiter. Während der Wendejahre begann auch Jürgen seine Meisterausbildung, die er 1992 erfolgreich abschließen konnte. Im selben Jahr übergab Siegfried Drechsel die Firma, inzwischen mit zwei weiteren Angestellten, an Jürgen Drechsel und trat in den Hintergrund.

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Bau des aktuellen Firmensitzes in Schönbrunn 1994

Nach anfänglichen Zweifeln, aber auch beflügelt von der Aufbruchstimmung in der Nachwendezeit, wurde der Plan eines Werkstattneubaus immer realistischer. Bald fand sich ein geeignetes Grundstück im neu erschlossenen Gewerbegebiet Schönbrunn. Hier wurde 1994 ein neues Betriebsgebäude errichtet und mit neuesten Maschinen bestückt. In den folgenden Jahren wurde hier immer weiter investiert. Es entstand eine Trockenkammer, um selbst Holz trocknen zu können. Um das getrocknete Holz auch lagern zu können, wurden zwei Lagerhallen gebaut.

Mit der Jahrtausendwende brach auch in der Firma Drechsel eine neues Zeitalter an. Zum Einen begann im Herbst 1999 mit Stephan Drechsel die vierte Generation der Drechsels seine Ausbildung im Holzhandwerk, zum Anderen wurde mit der Anschaffung einer Kantenanleimmaschine der erste Schritt getan, sich breiter aufzustellen und weg von der reinen Bautischlerei das Spektrum in Richtung Möbel- und Innenausbau zu erweitern.

Der nächste große Schritt begann 2004. Stephan war bereits als Geselle frei gesprochen worden und mittlerweile in der Holzstadt Rosenheim zum Studium angetreten, als man den großen Schritt zur CNC-Technik wagte. CNC-Maschinen sind Computer gesteuerte Fräs- und Bohrmaschinen die sich zum Einen durch hohe Präzision und zum Anderen durch ihre einfache Wiederholgenauigkeit auszeichnen. Ohne eine solche Maschine ist heute zum Beispiel die rationelle Herstellung von Treppen kaum noch vorstellbar. Außerdem konnte man Aufträge generieren, an die man vorher nie gedacht hätte. Es wurden komplexe Möbelteile für einen Zulieferbetrieb der Möbelindustrie gefräst, aber auch mit dem Fräsen von Kunststoff- und Aluteilen für verschiedene Branchen konnten über die Jahre neue Kunden gewonnen werden.

Im Laufe der folgenden Jahre wurden immer wieder ältere Maschinen durch neuere ersetzt, um die Qualität zu verbessern, produktiver arbeiten zu können oder die Produktpalette zu erweitern. So zum Beispiel im Jahr 2008, als eine reine Vierseitenhobelmaschine gegen eine solche getauscht wurde, die jetzt auch in einem Durchlauf Profile hobeln und fräsen kann. Um sich zukunftsfähig aufstellen zu können, wurden 2011 die Dächer mit Solarmodulen ausgestattet, um eigenen Strom produzieren zu können. Weiterhin wurde 2013 die 2004 angeschaffte CNC-Maschine mit 4 Achsen gegen eine mit 5 Achsen ausgetauscht. Die bisher letzte große Investition erfolgte 2019, als der Maschinenpark durch eine liegende Plattensäge erweitert wurde, womit es möglich wurde, große Platten schneller, einfacher und vor allem genauer und materialschonender zuzuschneiden. Im Frühjahr 2021 soll die fast 30 Jahre alte Heizungsanlage nun noch durch eine effizientere Hackschnitzelheizung ersetzt werden.

Heute ist die Tischlerei Drechsel breit aufgestellt und kann bei allem, was der Kunde in puncto Holz wünscht, helfen. Ob Holz zum Verschönern des eigenen Gartens, Türen und Fenster, Treppen, Innenausbau und Möbel, Carports oder Terassen und kleine Vordächer.

Stephan Drechsel

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