Umsetzung der Grundsteuerreform – Hebesätze meist falsch

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Wolfgang Kleindienst, UBV Stadtrat Pößneck/Kreistag SOK

 

Das Bundesverfassungsgericht hatte 2019 entschieden, dass die bisherige Erhebung der
Grundsteuer verfassungswidrig ist. In ganz Deutschland wurden neue
Grundsteuermessbeträge festgelegt, die den meisten schon zugegangen sind. Die auf den
neuen Grundsteuerwerten basierende Grundsteuer ist erstmalig ab dem 01.01.2025 zu zahlen.
Ziel des Bundesverfassungsgerichtes bei der Neuordnung der Grundsteuerreform ist die
sogenannte Aufkommensneutralität für die Kommunen. Das bedeutet, eine Gemeinde soll
2025 unter dem neuen Recht etwa gleich viel Grundsteuer einnehmen wie 2024 unter dem
alten Recht. Maßgebliche Stellschraube dafür ist der Hebesatz.
Die Gemeinden legen die Hebesätze in eigener Zuständigkeit fest. Derzeit werden die
Hebesätze mit dem Haushalt durch Gemeinde- und Stadträte beschlossen. Diese sind oftmals
falsch, weil laut Verwaltungen die zuständigen Finanzämter nicht die notwendigen
Steuermeßbeträge aller Grundstücke zur Verfügung gestellt haben. Die UBV im Stadtrat
Pößneck hat jetzt das Finanzministerium angeschrieben und um Aufklärung gebeten. Hier
Auszüge der Antwort des Finanzministerium Thüringen:


Das Finanzamt Pößneck hat derzeit eine Erledigungsquote von 97 % im Grundvermögen
erreicht, dementsprechend sind auch 97 % der Grundsteuermessbeträge an die Stadt Pößneck
übermittelt worden. Das Finanzministerium hat zusätzlich in Thüringen das von ELSTER für
August 2025 geplante Grundsteuer-Messbetrags-Verzeichnis vorzeitig angefordert und im
Dezember 2024 den Kommunen zur Verfügung gestellt. Damit waren und sind Kommunen
in der Lage, ein Grundsteuermessbetragsvolumen für die Hauptveranlagung 2025 zu
ermitteln, auch wenn eben noch nicht alle übermittelten Daten (in GMBX) im System der
Stadt eingearbeitet wurden/werden konnten. Das Grundsteuermessbetrags-Verzeichnis
ermöglicht den Kommunen, anhand der dort aufgeführten und sortierbaren
Grundsteuermessbeträge, getrennt nach Grundsteuer B und A, einen Hebesatz für das
Hauptveranlagungsjahr 2025 zu ermitteln. Die Stadt Pößneck würde daher die im
Grundsteuermessbetragsverzeichnis aufgeführten Grundsteuermessbeträge zusammenfassen
(diese stellen das Messbetragsvolumen bei 97 % Erledigungsquote dar) und auf 100%
„hochrechnen“. Damit steht das Messbetragsvolumen „neu“ fest. Nunmehr ergeben das
korrigierte Grundsteuermessbetragsvolumen „alt“ und das ausgelesene und auf 100 %
„hochgerechnete“ Grundsteuermessbetragsvolumen „neu“ eine Differenz, wonach sich eine
entsprechende Anpassung des Hebesatzes nach „oben“ oder nach „unten“ ergibt.

 

Weiterhin haben wir gefragt, ob die derzeit verschickten Grundsteuerbescheide 2025 für das 1.Quartal

rechtswidrig sind, wenn nach Eingang aller Steuermeßbeträge durch das Finanzamt
ein anderer Hebesatz ermittelt wird und die bestehenden Steuerbescheide für das 1. Quartal
dadurch falsch wären? Hier Auszüge der Antwort des Finanzministerium Thüringen:

    Der Hebesatz, der aufgrund der Hochrechnung ermittelt wurde, dürfte sich bei Vorliegen
    aller (wenn überhaupt noch offenen) Feststellungen nur noch marginal ändern. Unabhängig
    davon kann der Hebesatz bis zum 30.06.2025 beschlossen werden, damit er ab 01.01.2025
    wirkt. Sollten z. B. Grundsteuerbescheide bereits erteilt worden sein, werden lediglich die
    bereits erlassenen Bescheide geändert, mit Wirkung 01.01.2025. Wird der zu korrigierende
    Hebesatz nicht rückwirkend zum 01.01.2025 wirksam, weil er nicht bis zum 30.06.2025
    beschlossen werden konnte, dann wirken diese maßgeblichen Hebesätze eben erst ab
    01.01.2026 für alle Grundsteuerbescheide. Für alle Grundsteuerbescheide ab 01.01.2025 gilt
    dann der geänderte richtige Hebesatz, auch wenn diese z. B. erst im Juli 2025 versendet
    werden. Schon versendete Bescheide sind dann ab 01.01.2025 zu ändern. Die
    Grundsteuerbescheide wären dann zwar rechtsfehlerhaft aber nicht rechtswidrig, wenn der
    korrekte Hebesatz jetzt oder später beschlossen wird, und diese ab 01.01.2025 für alle
    Grundsteuerbescheide anwenden.


    Die UBV wird nun mit der Stadtverwaltung Pößneck das Gespräch suchen, um die
    Empfehlungen des Finanzministeriums umzusetzen. Ziel ist es, mit der Verabschiedung des
    Haushaltes 2025 im Stadtrat Pößneck rechtssichere Hebesätze für die Grundsteuer A und B zu
    beschließen. Eine Korrektur von bestehenden Bescheiden verursacht vermeidbare Porto- und
    Personalkosten. Wir empfehlen allen Gemeinde- und Stadträten sich bei ihren Bürgermeistern
    und Verwaltungen sachkundig zu machen.
    Die Grundsteuerreform ergibt leider auch für viele Grundstückseigentümer eine vehement
    höhere Grundsteuer. Die Ursachen liegen in der neuen Bemessungsgrundlage des
    Gesetzgebers, manchmal aber auch bei fehlerhaften Erklärungen zur Feststellung des
    Grundsteuerwertes (Feststellungserklärung). Das zu beseitigen liegt nicht in den Händen der
    Gemeinde- und Stadträte. Die UBV wird in den Gemeinde- und Stadträten, wo wir vertreten
    sind, darauf Wert legen, dass mit der Einhaltung der Aufkommensneutralität die Hebesätze
    richtig beschlossen werden. Für Rückfragen stehen wir gern zur Verfügung.

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