Interview mit der deutschlandweit ersten Stadtratsfraktion der WerteUnion

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mit Matthias Creutzberg und Dr. Enrico Kleebusch

 

Sehr geehrter Herr Creutzberg, sehr geehrter Herr Dr. Kleebusch,

aus Ihren Pressemeldungen war zu lesen, dass Sie Herr Creutzberg die CDU und Sie Herr Dr. Kleebusch die SPD nach langjähriger Mitgliedschaft verließen und am 18.02.2024 die wohl deutschlandweit erste Stadtratsfraktion der WerteUnion gründeten.

 

Gestatten Sie uns bitte, Ihnen ein paar Fragen zu stellen.

 

Als Grund für den Parteienwechsel gaben Sie die aktuellen Entwicklungen der Kommunal-, Landes- und Bundespolitik an. Was aber war der konkrete Anlass für diesen Wechsel?

 

Creutzberg:     Nach den jüngsten Aussagen, dass für die CDU im Bund Schwarz-Grün eine Koalitionsoption ist und in Thüringen Schwarz-Links, ist für mich das Ende der Fahnenstange erreicht. Darüber hinaus ist doch das „konservative“ Grundsatzprogramm der CDU Makulatur, wenn sie nur linke Bündnisse favorisiert. Das ist unglaubwürdig.

 

Kleebusch:      Einerseits ist es der Dissens zwischen den historischen Ansichten der SPD und moderner Ausrichtung, wie Gerhard Schröder sie einst umsetzte. Leider missfällt dieser Kurs vielen bis heute, weshalb man ihn nach seiner Kanzlerschaft zügig umzukehren versuchte, wohlwissend das dies nicht der Grund der Wählerwanderungen ist.

 

Andererseits erkannte ich nach der Wahl zum Thüringer Landtag und der anschließenden Ministerpräsidentenwahl im Jahr 2020, dass grundlegend etwas verkehrt lief. Ich begann, massiv zu zweifeln und hatte in einer Partei in der ich freiwilliges Mitglied war, fortan bei jedweder Thematik zunehmend das Gefühl, nach der Richtigkeit meiner eigenen Meinung fragen zu müssen. Im Nachgang betrachtet hätte ich das Parteibuch an diesem Punkt konsequent ablegen müssen. Stattdessen hielt ich am Wunsch einer erneuten Gallionsfigur, wie zuletzt Schröder sie war, und einem damit einhergehenden Kurswechsel fest. Dies war aus heutiger Sicht zu jedem Zeitpunkt utopisch.

 

Die aktuelle Haltung zum Ukraine-Krieg und die naturwissenschaftliche Irrfahrt hinsichtlich der Energiewende machten meinen Austritt in Summe dann recht leicht.

 

Da nach unseren Informationen Herr Creutzberg bereits Mitglied der WerteUnion war, ist dieser Schritt nachvollziehbar. Wie aber kommen Sie, Herr Dr. Kleebusch als langjähriger Sozialdemokrat zur WerteUnion. Sie hätten sich ja bspw. auch der UBV in Pößneck anschließen können, aber warum WerteUnion?

 

Kleebusch:      Wie bereits von vielen erkannt, kann man durchaus sozialdemokratisch sein ohne dass man links ist, wie man eben auch nachhaltig und ökologisch denken kann ohne per se grün sein zu müssen.

 

Wer meine Aussagen über Jahre verfolgt hat weiß, dass sich meine Meinung keineswegs geändert hat. Ich bin Kommunalpolitiker aus Überzeugung, weil ich meine Heimat liebe und mich für deren Erhalt einsetze. Dabei bin ich mir immer treu geblieben und habe es auch nicht gescheut, den Finger in parteipolitische Wunden zu legen. Bereits in einem Interview der OTZ aus dem Jahr 2019 habe ich diesbezüglich mehrere Argumente genannt, deren Nichtbeachtung nun meinen Austritt begründen.

 

Die Mitgliedschaft in der Werteunion ist von großem Reiz, da wegweisende und entscheidende Themen besetzt werden, die andere Parteien über Jahre hinweg nicht zu besetzen wussten. Zudem ist die Partei unverbraucht und mit einem Grundsatzprogramm ausgestattet, das der konservativen Mitte der Bevölkerung gerecht wird, die seit Jahren auf der Strecke geblieben ist.

 

Die von Ihnen angesprochene UBV und deren Vertreter schätze ich selbstverständlich, allerdings hat meines Erachtens nur die WerteUnion das Potential, maßgebliche Veränderungen mit entsprechender Strahlkraft zu bewirken.

 

Der ehemalige Chef des Verfassungsschutzes, Parteigründer und Parteivorsitzender Dr. Hans Georg Maaßen wird lt. Medienberichten als sogenannter Rechtsextremist selbst vom Verfassungsschutz beobachtet. Trotzdem entschieden Sie sich für dessen Partei.  Gab es für Sie hierfür keine Hemmschwelle?

 

Creutzberg:     Ich kenne Herrn Maaßen aus mehreren Gesprächen persönlich. Die meisten haben schon vor der sogenannten Einstufung stattgefunden und ich kann diese Ansicht nicht teilen.

 

Kleebusch:      Man muss diesen Umstand rein sachlogisch, nicht jedoch emotionsgeladen betrachten, dann ist dieser Schritt durchschaubar und nur bei erstmaliger Konfrontation verwunderlich. Herr Dr. Maaßen wurde kurz vor der tatsächlichen Parteigründung als Rechtsextrem denunziert, als man erkannt hat, wieviel Potential in der WerteUnion steckt und vor allem wieviel Veränderung sie tatsächlich bewirken kann.

 

Sie sind seit Längerem im Stadtrat Pößneck und Herr Dr. Kleebusch auch im Kreistag tätig. Was genau wird sich in ihrer zukünftigen politischen Arbeit im Stadtrat bzw. auch im Kreistag ändern bzw. was erhoffen Sie sich durch diesen Schritt?

 

Creutzberg:     Wenn es um die Stadt geht, haben alle Pößnecker Stadträte – egal welcher Fraktion – größtenteils einstimmige Beschlüsse gefasst. Insofern wird sich auf dieser Ebene nichts ändern. Erstens müssen wir uns leider mit der aktuellen Haushaltssituation auseinandersetzen. Das wird nicht einfach, denn der wirtschaftliche Abschwung und der damit einhergehende Rückgang der Gewerbesteuer ist nicht mehr zu leugnen. Im Ergebnis haben wir weniger Geld zur Verfügung. Insofern ist es für mich unverständlich, mit welchen Händen in Berlin das Geld zum Fenster hinausgeworfen wird. Das ist ein Fass ohne Boden und Zweitens die professionelle Vorbereitung der Landesgartenschau, gemeinsam mit Neustadt an der Orla, Triptis und den Umlandgemeinden.

 

Kleebusch:      Wir werden dazu mit allen Parteien in den politisch sachbezogenen Austausch treten. Für die Wählerschaft wollen wir damit Bindeglied und Angebot zugleich sein. Wir erhoffen uns auf diese Art, dass die bisher unterrepräsentierte Wählerschaft einen verlässlichen Fixpunkt innerhalb der politischen Gremien findet, denn an der öffentlichen Haltung zum Umgang mit der AFD wird sich seitens der übrigen Parteien auch zukünftig mit hoher Wahrscheinlichkeit nichts ändern.

 

Streben Sie persönlich im September 2024 die Wahl in den Thüringer Landtag an?

 

Kleebusch:      Damit habe ich mich aktuell nicht beschäftigt. In der Kürze der Zeit zur Kommunalwahl ist nun jeder Tag vollends durchgeplant. Primär streben wir mit starken Listen in Stadt und Kreis die erfolgreiche Teilnahme an der Kommunalwahl an, um mit deren Wind in den Segeln die Landtagswahlen vorbereiten zu können.

 

Wie stehen Sie zur parteiübergreifenden, sachbezogenen Zusammenarbeit aller politischen Gruppierungen in den Stadträten sowie Kreis- und Landtagen gegenüber?

 

Creutzberg:     In einer freiheitlichen Demokratie muss jeder bereit sein, mit allen zu reden. Egal woher er kommt, was er ist, aus welchem Milieu er stammt, was für einen Hintergrund oder welche Meinung er hat. Wenn man das nicht tut, verrät man die Demokratie. Diese offene, sachbezogene Zusammenarbeit ist es doch was seit langem fehlt und was sich die Wähler wünschen. In den Medien wurde jüngst vom „Zusammen arbeiten ohne zusammenzuarbeiten“ gesprochen. Meines Erachtens verkennt die Politik, dass der Wähler mit dem Wahlergebnis letztlich über die Zusammenarbeit entscheidet und nicht diejenigen, die zur Interessenswahrung des Wählers legitimiert wurden. Einen erheblichen Anteil weiterhin auszugrenzen kann nicht das Ziel sein, denn parteiübergreifend sind alle Mandatsträger zum Zweck des Gemeinwohles in den Gremien vertreten, darauf leisten wir unseren Eid.

 

Laut Herrn Maaßen soll die WerteUnion die Lücke zwischen CDU und AfD, welche seiner Meinung nach zu radikal geworden sei, schließen. Heißt dies im Klartext, dass die WerteUnion auch an der Brandmauer zur AfD festhalten wird?

 

Creutzberg:     Auf Grund der aktuellen Entwicklung und der großen Ablehnung der Politik der Berliner Regierungskoalition ist dringend ein Eingeständnis notwendig, dass in der politischen Willensbildung die Meinungen der Mitte in Richtung konservativ bis rechts nicht mehr kategorisch abgelehnt werden darf. Das ist aus meiner Sicht nicht förderlich und stärkt eher die extremistischen Ränder von Rechts und Links. Ich finde allein den Begriff Brandmauer schon verwerflich. Wer in einer Gesellschaft Mauern baut, hat Angst und zwar dahingehend, dass in der Diskussion Ideologien und Lügengebäude, wenn sie mit der Realität zusammentreffen, zusammenfallen. Vielleicht sollte ich es so ausdrücken: Man hat Angst vor der Wahrheit. Angst vor der Realität. Das Problem heute ist, wer nicht links ist, ist rechts und in neuerlichem Sprech auch gleich rechtsextrem. Man setzt das gleich. Und das halte ich für falsch und gefährlich. Ich denke, dass Brandmauern nichts mit einer freiheitlichen Demokratie am Hut haben.

 

Kleebusch:      Es existieren keine Brandmauern. Wir stehen allen Parteien als Gesprächspartner zur Verfügung, so steht es auch im Grundsatzprogramm. Unbestritten bleibt die Auffassung zur Radikalität der AFD, die durchaus gegeben ist. Es verwundert mich jedoch immer wieder, dass dabei immer nur eine Seite betrachtet wird. Eine gefestigte Demokratie muss und kann in aller Regel sowohl Strömungen von Links, als auch von Rechts aushalten, man muss es ihr nur zutrauen. Dieses Vertrauen scheinen wir in den vergangenen Jahren verloren zu haben. Egal wie eine Zusammenarbeit geartet sein mag, der Dialog hingegen kann niemals verwerflich sein, denn Kommunikation ist der Weg zum eigentlichen Ziel.

 

Viele Thüringer befürchten, dass durch die Gründung der WerteUnion die Oppositionsparteien AfD und Bürger für Thüringen geschwächt und somit wirkliche Veränderungen unmöglich werden. Was entgegnen Sie diesen Menschen?

 

Creutzberg:     Wir brauchen in Thüringen wieder eine konservative Mehrheit, so dass linke Bündnisse nicht mehr möglich sind. Die WerteUnion steht für freiheitliches Denken und ist liberal-konservativ.

 

Kleebusch:      Wir wollen niemanden schwächen, das Ziel heißt WerteUnion und ein starkes Ergebnis für unsere Listen und die unterstützenden Personen. Wie möchten uns mit Programm etablieren und den Menschen eine Alternative mit Inhalt bieten. Es ist Zeit für Veränderung.

 

Was wünschen Sie sich und was stört Sie am meisten? 

 

Creutzberg:    Das zunehmend mit einem unterschiedlichen Maß gemessen wird stört mich sehr. Das schafft Unzufriedenheit, Unverständnis und trägt nicht zur Akzeptanz bei. Ich akzeptiere durchaus politische Entscheidungen die ich selbst so nicht treffen würde, der Bogen darf jedoch nicht überspannt werden. Wichtig ist eine berechenbare, bodenständige und glaubwürdige Politik sowie der feste Wille Frieden zu schaffen und nicht ständig neue Konflikte herbeizuführen.

 

Sehen Sie die Demokratie gefährdet? 

 

Creutzberg:    Nein, das sehe ich nicht. Wir leben mitten in der Demokratie. Die Bürger sind unzufrieden mit der Arbeit der Bundesregierung und der ein oder anderen Landesregierung und in den Wahlergebnissen zeigt sich, dass das Ansehen sinkt. Vielmehr muss die Regierung in einer Demokratie merken, dass sie gegen das Volk regiert und somit ihre Macht möglicherweise verliert. Eine andere Politik kann dem entgegentreten.

 

Zum Schluss: Wer sich in Pößneck oder dem Saale-Orla-Kreis in der WerteUnion engagieren möchte, wohin kann er sich wenden?

 

Creutzberg:    Per Mail an poessneck@werteunion.de, denn wir suchen engagierte Menschen aus den unterschiedlichsten Berufsfeldern – ob Unternehmer, Arbeiter, Angestellte usw., die sich für die Arbeit im Stadtrat und im Kreistag interessieren und auf unserer Liste kandidieren möchten. Die entsprechenden Veranstaltungen sollen kurz vor Ostern stattfinden. Es ist sportliches Engagement gefragt.

 

HalloOberland bedankt sich recht herzlich für die Beantwortung der Fragen und wünscht Ihnen persönlich und politisch alles Gute!

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