Von altem Brauchtum: Aschermittwoch

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Über den Autor
Alexander Blöthner M. A. (phil.), gebürtig in Plothen bei Schleiz, hat an der Universität Jena ein ›Studium Generale‹ mit Schwerpunkt auf Geschichte und Soziologie absolviert und verfasst Bücher über Lebensphilosophie, Sagen, Orts- und Regionalgeschichte, Landschaftsmythologie als auch Alltags-, Sozial- und Wirtschaftsgeschichte. Autorenwebseite: Sagenhafte Wanderungen

Heute folgt der Katzenjammer auf die gestrigen Ausschweifungen. Es beginnt eine 40-tägige Buß- und Fastenzeit, in der jeder Christ dazu angehalten ist, sich auf die Mitte seines Glaubens zu besinnen bzw. das Leben, Leiden und Sterben des Herrn Jesu nachzuvollziehen. Inzwischen fasten viele um diese Zeit einmal von ihren Lastern, etwa vom Rauchen, Einkaufen oder Autofahren. Katholische Priester spenden den Gläubigen heute als Zeichen der Buße ein Aschekreuz auf die Stirn und erinnern sie daran: ›Bedenke Mensch, daß Du Staub bist und wieder zum Staub zurückkehren wirst!‹1 Die Fastenden nehmen als Auftakt zur Fastenzeit heute nur eine sättigende Mahlzeit, meist einen besonders guten ›Heringsschmaus‹, zu sich. Wer nicht rechtzeitig aufsteht, wird mit Ruten aus dem Bett ›gepfeffert‹. Mancherorts gingen die Kinder am Aschermittwochsmorgen mit einem grünen Reiß zu ihren Paten und verabreichten ihnen als glückverheißende Geste die ›Aschermittwochsstreiche‹, wofür sie, zu diesem Zweck zurückbehaltenes letztes Faschingsgebäck erhielten.

Im Oberland ursprünglich ebenfalls zu diesem Termin, später aber schon ab Ende Januar hingen an den Wirtshäusern grüne Girlanden aus als Zeichen dafür, daß es nun Fastenbier, sprich ein gut gebrautes Starkbier gebe. Dabei bot jeder Wirt nicht nur Bockbier, sondern auch ein besonderes Gericht dazu an, wie Salzknochen, Pökelbraten, Rückbeinchen – meist mit Meerettich und grünen Klößen – , aber auch Weiße Kließ´ und Schwarze Wurst, Schweinsknochensaures, bis hin zu Karpfen polnisch oder spezifischen Bockwürsten.2

Wie schon in den Zwölf Nächten so hielt auch zur Fastnachtszeit, besonders aber am Aschermittwoch, der Wilde Jäger seinen unheimlichen Umzug. Aus diesem Grund war es tabu, in den Wald zu gehen.3

Aschermittwoch war auch der Tag, wo die Männer das Malzhaus besuchten, »um die Gerste zu ›netzen‹ und so für einen guten Gerstenbau zu sorgen. Die Frauen ›äscherten‹ [färbten] das den Winter über gesponnene Garn und foppten sich dabei gegenseitig. Geradezu berühmt war dann in verschiedenen Dörfern das ›Begräbnis‹ der Fastnacht.«4 In Remptendorf etwa »segnet ein als Pfarrer Verkleideter den Toten ein oder hält eine mehr oder weniger witzige Leichenrede, und die Anwesenden brechen in lautes Weinen und Wehklagen aus. Dann folgt ein Leichenumzug mit Trauermarsch, bei dem ein Pappsarg oder eine Strohpuppe auf einer Bahre mitgeführt wird. Oftmals ist es aber eine Flasche Branntwein, die unter Schluchzen vergraben und im nächsten Jahr zur Wiederauferstehung der Fastnacht mit großem Jubel wieder ausgegraben und gemeinsam getrunken wird.«5

1 Vgl. Hans-Christoph Schmidt-Lauber, Michael Meyer-Blanck, Karl-Heinrich Bieritz (Hg.): Handbuch der Liturgik. Liturgiewissenschaft, in: Theologie und Praxis der Kirche, Band 3, Göttingen 2003; Jörg Buchna: 1×1 des Kirchenjahres – Kirchliche Feste im Jahreslauf, Norden 2005.; Michels 1998, S. 106f.
2 Vgl. Pößnecker Heimatblätter 2008/1, S. 8
3 Vgl. Eisel 1871, S. 278
4 Wachter 1992
5 Vgl. Gerhard Werner: Zwei Fastnachtsbräuche in unserer Heimat, in: Oberlandbote 1961, Heft 2, S. 54 (S. 53f.)

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