Stellungnahme zum Antrag der UBV/FDP/WU-Fraktion Grundsatzentscheidung gegendie Errichtung von Windkraftanlagen im Wald

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Tino König, Bürgermeister der Gemeinde Remptendorf, Mitglied des Kreistages im Saale-Orla-Kreis

 

Stellungnahme zum Antrag der UBV/FDP/WU-Fraktion Grundsatzentscheidung gegen
die Errichtung von Windkraftanlagen im Wald (ThürWaldG) und in den Thüringer
Staatsforsten sowie Beauftragung des Landrats zum entsprechenden Vorgehen im
Thüringer Landkreistag

 


Sehr geehrte Damen und Herren,
Als herausstechender „Systemabweichler“ der konservativen Basis, im Bezug auf den genannten Antrag
der liberalen Fraktionen UBV/FDP/WU, fühle ich mich bewogen, meine Beschlussentscheidung gegen
den Antrag darzulegen.


Dass ausgerechnet eine Fraktion, die sich den Schutz des Eigentums, die Stärkung individueller
Freiheitsrechte und wirtschaftliche Vernunft auf die Fahnen schreibt, hier aber das genaue Gegenteil
fordert, ist ein politisches Paradoxon.


Der Antrag zielt darauf ab, Waldflächenbesitzer faktisch pauschal zu enteignen, ignoriert die
wirtschaftliche Notwendigkeit unserer Region und schürt Ängste mit falschen Vergleichen.

 

1.Verrat an den Eigentumsrechten
Der Antrag fordert explizit, den Bau von Windkraftanlagen auch auf „privaten Waldflächen“ zu
verhindern. Damit greifen Sie massiv in das Verfügungsrecht privater Eigentümer ein. Wer sich „liberal“
nennt, muss wissen: Eigentum verpflichtet und ist keine Verfügungsmasse für politische Symbolpolitik.
Wenn Flächen in einem rechtmäßig geprüften Vorranggebiet liegen, aber die Nutzung dazu aus
politischem Eifer untersagt werden soll, ist dies als direkten Angriff auf die wirtschaftliche Freiheit, die
sonst so hochgehalten wird, zu sehen.

2. Forstwirtschaftliche Realität statt grüner Romantik
Es wird vom Wald als „ökologisch wertvollstem Gut“ gesprochen und vor einer „Industrialisierung“
gewarnt. Diese Rhetorik geht an der Realität vorbei. Bei vielen betroffenen Flächen handelt es sich um
Kalamitätsflächen ehemaliger Fichten-Monokulturen.
Hier stand kein Urwald, sondern eine Nutzholzplantage, die seit knapp 100 Jahren rein zur Produktion
von Bau- und Industrieholz diente. Es war eine bewirtschaftete Fläche, deren Zweck immer der Ertrag
war. Bewirtschaftungsflächen für Windkraft dort zu verbieten, „schützt“ keine Natur. Es hindert lediglich
Unternehmer daran, eine zerstörte Produktionsfläche zu sanieren und neu zu nutzen. Das ist keine
Umweltpolitik, das ist wirtschaftsfeindlich. Dennoch sollte die Nutzung intakter und voll bestockter
Forstflächen gemieden werden, da die Reduktion durch Kalamitäten eine bereits außerordentlich hohe
Flächeninanspruchnahme gefordert hat.

3. Fakten statt Panik: 2,2 % Vorrangfläche sind nicht 2,2 % Beton
Der Antrag suggeriert, dass durch das Flächenbedarfsgesetz 2,2 % unserer Landesfläche „industrialisiert“
werden. Das ist vorsätzlich falsch. Ein Vorranggebiet ist ein Planungsraum, keine Betonfläche.
Die reale Versiegelung durch das Fundament einer modernen Windenergieanlage betrifft nur einen
winzigen Bruchteil dieser Fläche. Während in einem klassischen Gewerbegebiet fast 100 % des Bodens
versiegelt werden, bleiben im Windpark 98 bis 99 % der Fläche unversiegelter Waldboden.
Ein Vergleich: Die dauerhaft versiegelte Fläche aller für die Energiewende in Thüringen noch benötigten
Windräder entspricht zusammengenommen etwa der Fläche des Industriegebietes „Erfurter Kreuz“. Wir
diskutieren hier über eine landesweite Versiegelung im Umfang eines einzigen großen Gewerbegebiets.
Das als Untergang des Waldes zu inszenieren, ist unverhältnismäßig.

4. Bürokratie-Aufbau statt Abbau
Der Landrat soll beauftragt werden, „alle rechtlichen Möglichkeiten auszuschöpfen“, um Projekte zu
verhindern. Im Klartext: Es wird gefordert, dass die Verwaltung künstlich Verfahren in die Länge ziehen
soll. Das ist genau die Art von übergriffigen Behördenstaat, die wir uns nicht leisten können und welcher
in der Corona-Zeit zu teilweise berechtigtem Unmut geführt hat. Hier soll Steuergeld für aussichtslose
juristische Rückzugsgefechte gegen Bundesrecht (BauGB/WindBG) verbrannt werden. Den Landrat zu
beauftragen keine kreiseigenen Flächen für Windkraft anzubieten, wäre im eigenen Wirkungskreis eine
berechtigte Forderung, anstatt Recht zu beugen.

5. Mut zur Wertschöpfung statt Verwaltung des Niedergangs
Lassen Sie uns ehrlich Bilanz ziehen: 35 Jahre nach der Wende ist Thüringen – und speziell unser
ländlicher Raum im Saale-Orla-Kreis – bei den großen Investitionen oft leer ausgegangen. Wir haben
Landschaften „geschont“ und stattdessen auf klassische Gewerbegebiete mit hoher Bodenversiegelung
gesetzt. Das Ergebnis? Wir sind ein Niedriglohnland geblieben, der extreme Bevölkerungsschwund hält
an und unsere Region ist trotz aller „Idylle“ wirtschaftlich verwaist. Stillstand hat uns keinen
gleichwertigen Wohlstand, im Vergleich zu urbanen Zentren, gebracht. Die überbordenden Kosten für
die Daseinsvorsorge werden auf Dauer durch die zurückgehende und alternde Bevölkerung nicht mehr
zu stemmen sein. Die Arbeitsgemeinschaft Deutscher Waldbesitzer, sowie auch die regionalen
Landwirte sehen vielfach eine Ertragssteigerung ihrer Produktionsflächen, zur Ergänzung ihrer
hauptsächlichen Aufgabenerfüllung. Wollen wir die großen Flächenbewirtschafter und Arbeitgeber
dauerhaft erhalten, müssen auch diese die Chance haben ihrer Arbeit mehr Wert zukommen zu lassen.
Nun bietet sich die Chance, Geldströme in unsere strukturwachen Gebiete zu lenken. Erneuerbare
Energien bedeuten Investitionen von mehreren Millionen Euro und eine Erhöhung des privaten Kapitals
vor Ort. Regionen wie der Rhein-Hunsrück-Kreis machen es vor: Dort hat die Energiewende
Wertschöpfung geschaffen und nicht nur Gemeinden, sondern einen gesamten Landkreis saniert. Mit
Ihrem Antrag blockieren Sie diese Kapitalspritze, ohne eine Alternative zu bieten.


Fazit:
-Ich stehe für den Rechtsstaats, nicht den Rechtsbruch.
Dieser Antrag fordert die Verwaltung faktisch zum Ungehorsam gegen geltendes Bundesrecht auf, der
u.a. nach § 35 BauGB und das WindBG klare Rechtsansprüche für Investoren schafft. Einen Landrat
politisch dazu zu zwingen, genehmigungsfähige Anträge zu blockieren, führt unweigerlich zu
Amtshaftungsklagen und Schadensersatzforderungen gegen den Landkreis. Besonders im Amt des
Bürgermeisters stehe ich für Rechtssicherheit und Verlässlichkeit. Wer Recht und Ordnung fordert, sollte
sich an diese ebenso halten.

-Schutz des Eigentums bedeutet auch Freiheit der Bewirtschaftung
Das Eigentum ist ein hohes Gut unserer Verfassung. Dazu gehört auch das Recht von Waldbesitzern, ihre
Flächen wirtschaftlich zu nutzen – gerade, wenn der traditionelle Holzertrag durch Kalamitäten
weggebrochen ist. Es ist nicht Aufgabe der Politik, privaten Eigentümern vorzuschreiben, dass sie auf
Einnahmen verzichten müssen, um ein idealisiertes Landschaftsbild zu konservieren. Wer „Ja“ zur
sozialen Marktwirtschaft sagt, darf Unternehmern nicht die Existenzgrundlage entziehen.

-Standortpolitik statt Symbolpolitik
Thüringen braucht günstige Energie, um als Industriestandort zu überleben. Wenn wir uns im ländlichen
Raum pauschal verweigern, treiben wir die Energiekosten in die Höhe und gefährden Arbeitsplätze in
der Region. Konservative Politik heißt, die Realitäten anzuerkennen und das Beste für die Heimat
herauszuholen. Das bedeutet: Wir gestalten den Wandel mit (durch kluge Regionalplanung), statt ihn
durch Totalblockade zu verhindern und am Ende von Gerichten überstimmt zu werden.


Zusammenfassend:
Ich lehne diesen Antrag ab, weil er unseriös ist. Er verspricht den Bürgern eine Verhinderungsmacht, die
der Kreistag rechtlich gar nicht hat und gefährdet dabei private Eigentumsrechte sowie die Finanzen des
Kreises. Ich fühle mich nicht für eine Politik gewählt worden zu sein, die Illusionen hinterherrennt,
anstatt der Verantwortung gegenübersteht.

Unter der Bezeichnung „Mitmachricht“ veröffentlichen wir die uns zugesandten Beiträge. Die Inhalte spiegeln nicht unbedingt die Meinung der Redaktion wider, die Angaben erfolgen ohne Gewähr und Anspruch auf Vollständigkeit.

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