Bürgermeister und Landrat legen mehrjährige juristische Auseinandersetzung ad acta
Pößneck/Schleiz. Die Vorweihnachtszeit ist eine Zeit der Besinnung und des friedvollen Miteinanders. Und so passt es gut ins Bild, dass nun im Pößnecker Rathaus ein Schlussstrich unter einen langjährigen Rechtsstreit gezogen wurde, der zumindest im Hintergrund wie ein Schatten über dem Verhältnis zwischen dem Saale-Orla-Kreis und der größten Stadt des Landkreises lag.
Mit einem außergerichtlichen Vergleich, den Bürgermeister Michael Modde und Landrat Christian Herrgott mit ihrer Unterschrift besiegelten, endete am 5. Dezember eine mehrjährige juristische Auseinandersetzung, die sich um die Erhebung der Kreisumlage der Jahre 2016, 2017, 2019 und 2020 drehte. Zuvor hatten sowohl der Kreistag des Saale-Orla-Kreises als auch der Pößnecker Stadtrat den Vergleich abgesegnet.
„Ich bin froh, dass dieses Ärgernis endet und wir jetzt gemeinsam nach vorn schauen können. Es gibt so viele gemeinsame Projekte von Stadt und Landkreis, so dass es besser ist, wenn wir Probleme im Miteinander ausräumen können, anstatt uns vor Gericht zu streiten. Deswegen wollen wir nicht noch mehr Geld in Prozessen und Anwaltskosten versenken, sondern lieber in Dinge investieren, von denen die Menschen in der Region etwas haben“, so Landrat Christian Herrgott.
Bürgermeister Michael Modde ergänzt: „Mit diesem Vergleich können beide Seiten gut leben. Er trägt maßgeblich dazu bei, ein zukünftiges gemeinsames Miteinander zu entwickeln und wachsen zu lassen. Auch sind damit die bisherigen Aussagen über die ‚kommunale Familie‘ tatsächlich mit Leben erfüllt worden.“
Hintergrund des Rechtsstreits waren Widersprüche der Stadt Pößneck gegen die Erhebung der Kreisumlage in den Jahren 2016, 2017, 2019 und 2020. Im Dezember 2023 hatte das Verwaltungsgericht Gera in einem ersten Urteil den Kreisumlage-Bescheid in Höhe von rund 5,2 Millionen Euro aus dem Jahr 2016 aufgehoben. Für 2017 lief bereits ein Klageverfahren. Mit dem nun geschlossenen Vergleich wird nicht nur dem 2016-er Urteil Rechnung getragen, auch die drei weiteren Widersprüche werden außergerichtlich beigelegt, womit die juristische Auseinandersetzung zwischen Stadt und Landkreis beendet ist.
Inhaltlich umfasst der Vergleich acht Punkte, bei denen der Landkreis der Stadt im Gegenzug zur Beendigung des Rechtsstreits entgegenkommt und von denen nicht nur Pößneck allein, sondern auch das Umland profitieren sollen. Konkret wurde Folgendes vereinbart:
§ Sportanlage Griebse: Übernahme und Bewirtschaftung der Sportanlage (ohne Funktionsgebäude und Rasenplatz) für mindestens zehn Jahre durch den Landkreis sowie anteiliger Ausgleich der städtischen Eigenmittel für den Kunstrasenbau und perspektivische Erneuerung des Platzes
§ Turnhalle Straße des Friedens: Erhalt der Turnhalle in der Straße des Friedens sowie weitere Aufnahme im Schulnetzplan für mindestens zehn Jahre
§ Mehrgenerationenhaus Pößneck: Erweiterung der Förderung für das Familienzentrum durch den Landkreis sowie das Mehrgenerationenhaus im Allgemeinen durch das Landesprogramm Solidarisches Zusammenleben der Generationen
§ Reduzierung städtischer Zuschüsse für Feuerwehr-Fahrzeuge: geplante bzw. bereits vereinbarte Zuschüsse der Stadt für zwei Feuerwehrfahrzeuge werden reduziert
§ Kreisumlage Kompensationszahlung: anteilige Erstattung bereits gezahlter Kreisumlage der Stadt in Höhe von 1 Million Euro
§ Zusammenarbeit in einem gemeinsamen Verwaltungsgebäude: Absichtserklärung zukünftig Synergieeffekte in einem gemeinsam genutzten Verwaltungsgebäude in Pößneck zu nutzen
§ Feuerwehrtechnisches Zentrum: Absichtserklärung der Einrichtung eines Feuerwehrtechnischen Zentrums im Landkreis zur Entlastung der Stützpunktfeuerwehren (in Abhängigkeit einer Landesförderung)
§ Verfahrenskosten Klage: Übernahme der bereits entstandenen Gerichts- und Anwaltskosten für das Klageverfahren zur Kreisumlage 2017 durch den Landkreis
Hintergrund:
Was ist die Kreisumlage?
Anders als Städte und Gemeinden, das Land oder auch der Bund haben Landkreise keine Steuereinnahmen. Deswegen benötigen sie zur Finanzierung ihrer Aufgaben Geld vom Land, insbesondere in Form von Schlüsselzuweisungen (für eigene Aufgaben) und Mehrbelastungsausgleich (für Aufgaben im Auftrag des Landes). Diese Gelder genügen aber nicht, um alle Aufgaben zu erfüllen, so dass als zweite große Einnahmequelle eine Umlage von den kreiseigenen Städten und Gemeinden erhoben wird, die diese auf Grundlage mehrerer Faktoren an den Landkreis zahlen.
Im Jahr 2024 erhob der Saale-Orla-Kreis beispielsweise eine Kreisumlage in Höhe von insgesamt 44,5 Millionen Euro, was in etwa 30 Prozent des rund 150,5 Millionen Euro umfassenden Gesamthaushaltes entspricht, mit dem der Landkreis im laufenden Jahr wirtschaftet.
Anne Gölitzer Alexander Hebenstreit
Stadtverwaltung Pößneck Landratsamt Saale-Orla-Kreis
Der Schlussstich unter einem mehrjährigen Rechtsstreit: Landrat Christian Herrgott (links) und Bürgermeister Michael Modde unterzeichnen im Pößnecker Rathaus den außergerichtlichen Vergleich zwischen Stadt und Landkreis. Foto: Alexander Hebenstreit / Landratsamt Saale-Orla-Kreis
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