Früher war alles anders!

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Von Brigitte Richter (Thierbach)

 

Als ich noch ein Kind war, gabs an Pfingsten immer ein neues Kleid für mich und meine Schwester. Ein leichtes, blumiges Sommerkleid. Manchmal aus dem gleichen Stoff. Das nächste, warme Kleid für den Winter bekamen wir zur Kirmes im Oktober.

 

Zwischendurch wurde kaum Kleidung gekauft. An den Samstagen wurde gebadet. Die alte Zinkbadewanne kam in die Küche. Zuerst durften wir Kinder ins warme Wasser, danach wurde heißes nachgegossen. Dann stieg unsere Mutter in die „Fluten“, danach die Oma, und zum Schluss wurde immer neues, heißes Wasser nachgegossen und der Vater durfte sich vom Schweiß seiner Arbeit und vom Schmutz der Stall- und Feldarbeit befreien.

 

Aber denkt nur nicht, dass das Wasser dann einfach weg geschüttet wurde; nein, die Arbeitsklamotten wurden drin eingeweicht und am nächsten Tag auf dem Waschbrett (der Wäscherumpel) mit Kernseife gewaschen, bei schönem Wetter an den Gartenzaun gehängt oder bei miesem Wetter auf den Dachboden.

 

Was ich aber eigentlich erzählen wollte, ist der alte Brauch, am Pfingstsonnabend eine ca 3 Meter hohe, schlanke Birke aus dem Wald zu holen und vor die Haustür zu stellen. In einer Milchkanne, die mit Wasser gefüllt war, behielt sie etwa eine Woche lang ihre Blätter. Und war die Woche um, dann striffelten wir Kinder die Blätter von den Birkenzweigen, trockneten sie auf Zeitungspapier und gaben sie in der Schule beim Lehrer ab, wo sie als Heilkräuter mit verkauft wurden.

 

Ja, so war das früher…. Da fällt mir noch was ein: Bei uns im Dorf gabs sowas nicht, kann mich jedenfalls nicht erinnern, aber in manchen Dörfern stopften die Burschen am Pfingstsonnabend in der Nacht zum Sonntag in die Dachrinne bei den Mädchen, die sie nicht mochten, alte Besen rein. Das sollte dem Mädel zeigen, dass es entweder unbeliebt, hässlich, arrogant oder verdorben war….

 

Überhaupt sammelten wir damals noch viele Heilkräuter, trockneten sie, entweder daheim oder auf dem Dachboden unserer Dorfschule und bekamen ein paar Mark dafür, die dann in den Ferien, bei Ausflügen usw. zur finanziellen Unterstützung da waren.

 

Huflattich, Schafgarbe, Frauenmantel, Lindenblüten, Schachtelhalm und viele andere Heilkräuter mehr trugen wir Kinder zusammen. Unser alter Lehrer, Herr Kessel, lehrte uns die Bedeutung dieser Pflanzen. Wir machten das mit  mehr oder weniger Begeisterung.  Heute bin ich dankbar, dieses Wissen in meiner Kindheit vermittelt bekommen zu haben.

 

Denke ich an unsere heutige Jugend, dann wissen die vielleicht, was Cannabis ist und was man damit machen kann, würden aber bestimmt keinen Spitzwegerich Tee trinken, den sie selbst gesammelt und getrocknet haben.

I

ch will das nicht generell unterstellen. Sicherlich gibt es auch heute noch Eltern und Großeltern, oder vielleicht sogar Lehrer die mit den Kids in der Natur unterwegs sind, um ihnen diese Schätze zu erklären.

 

Mein Wunsch, als älterer Mensch: Vermittelt altes Brauchtum, erzählt den Kindern von früher, bringt ihnen bei, was die Natur uns schenkt, zeigt ihnen, wie schön unsere Heimat ist und wie wichtig, sie zu beschützen.

 

Der Satz des alten Indianerhäuptlings ist mir in die Seele gebrannt:

Erst wenn der letzte Baum gefällt, der letzte Fisch gefangen ist, wird der Mensch merken, dass man Geld nicht essen kann.

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