Erinnerung – Ostern in Krakau

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von Brigitte Richter

 

Es ist schon viele Jahre her, dass ich mit meinem Mann über die Osterfeiertage nach Krakau eingeladen wurde. Meine Freundin Maria bewohnt dort mit ihrer Familie ein schönes kleines Häuschen. Sie sind gläubige Katholiken und nahmen es mit der Fastenzeit auch sehr ernst.

 

Am Karfreitag gab es Forelle und Kartoffelsalat. Zum Frühstück kam keine Wurst auf den Tisch, nur Marmelade, Käse und Eier gab es.

 

Aber dann, am Ostersonntag, da bog sich der Tisch von allen Leckereien, die meine polnische Freundin herbei gezaubert hat. Schinken, Salami, viele Sorten Wurst – es war einfach ALLES da. Die Fastenzeit hatte ein Ende.

 

Dem Kind unserer Freunde nahmen wir viele Süßigkeiten aus Deutschland mit, obwohl das damals, wegen einer bestehenden Seuche, verboten war. Auch Schinken und Wurst hatten wir in unserem Auto so deponiert, dass es die Zöllner und Grenzbeamten nicht finden konnten. Es war die Zeit, wo es den Polen noch nicht so gut ging, wie uns in Deutschland. Und wir fühlten uns wie seinerzeit, als die Westverwandtschaft kam und für uns Ossis Schokolade und Kaffee mitbrachte.

 

Der damals etwa 10 jährige Andrzej freute sich jedenfalls über das Mitgebrachte von uns. Am Ostersonntag lud uns Maria ein, in Krakau in einer großen Kirche am Gottesdienst teilzunehmen. Das war für uns eine ganz neue Erfahrung, da wir die katholischen Bräuche nicht kannten.

 

Andrzej hatte sein Osternestchen dabei, das vom Priester gesegnet wurde. Alle Kinder gingen mit ihrem Osternest nach vorn und der Geistliche besprengte es mit Weihwaser. Es war alles sehr festlich und sehr ergreifend für uns.

 

In Andrzejs Osternest lag der kleine Schinken von uns, über den er sich ganz besonders gefreut hat. Doch was machte der Junge dann? Er ging in der Kirche zu einem großen Korb, nahm den Schinken aus seinem Osternest und legte ihn in den Spankorb. Alle Kinder taten das auch. Sie nahmen aus ihrem Nest etwas heraus und legten es in den – mit Blumen umwundenen – Korb. Ungläubig schaute ich Maria an. Sie lächelte ihrem Kind liebevoll zu.

 

Nach dem Gottesdienst erklärte sie uns das Handeln ihres Sohnes.

 

„Die Kinder müssen lernen das zu teilen, was sie selber am liebsten haben. Sie müssen den Armen etwas abgeben, von dem, was sie selber mögen. Das ist echte Barmherzigkeit.“

 

Jesus brach sein Brot in Stücke und teilte es mit seinen Jüngern.

 

Solche Begebenheiten bleiben für immer im Gedächtnis und sind es wert, weiter erzählt zu werden.

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