Ehrung der Opfer des Volksaufstandes vom 17. Juni 1953

Facebook
Twitter
WhatsApp
Email
Telegram

von Dr. Werner Thomas – Rudolstadt

 

Zu Beginn der Sitzung des Kreistages des Landkreises Saalfeld-Rudolstadt am 4.7.23 hielten die Kreistagsmitglieder zu Ehren eines der Opfer der Niederschlagung des Volksaufstandes am 17. Juni 1953 – etwas mehr als zwei Wochen nach dem siebzigjährigen Jubiläum – ein Gedenken.

 

Dazu sprach Frau Verena Sigmund aus Saalfeld über die Person Herbert Stauch. Er wurde im Jahr 1917 in Remschütz bei Saalfeld geboren, lernte den Müllerberuf, seine junge Familie floh Ende des Zweiten Weltkrieges aus Schlesien nach Remschütz. Nach seiner Flucht zu Kriegsende übernahm Herbert Stauch die Mahlmühle Heilingen im heutigen Landkreis Saalfeld-Rudolstadt, wo die junge Familie wohnte.

 

Nach der standgerichtlichen Hinrichtung von Herbert Stauch am 18. Juni 1953 waren seine hinterbliebene Ehefrau und die beiden kleinen Söhne enteignet, vogelfrei, obdachlos und zunächst auf Hilfe von Verwandten angewiesen.

 

Seine Witwe lebte bis in die neunziger Jahre als CDU-Mitglied in Rudolstadt. Es hatte eines langen Atems von zehn Jahren bedurft, bis seit der Rehabilitierung durch die russische Militärstaatsanwaltschaft in Moskau im Jahr 1996 der Stadtrat der Stadt Rudolstadt im Jahr 2006 beschloß, der größten und längsten Straße im Landkreis Saalfeld-Rudolstadt den Namen Herbert-Stauch-Straße zu verleihen. Die Bundesstraßen 85 und 90 liegen in ihrem Verlauf.

 

Bis zur Kreistagssitzung, vor allem bis zum 17. Juni 2023, gelang es weder Landrat Wolfram (SPD), noch dem Saalfelder Bürgermeister Dr. Kania (CDU) noch dem Rudolstädter Bürgermeister Reichl (Bürger für den Landkreis), noch auch nur einem der beiden Stadträte in Rudolstadt und Saalfeld irgendeine auch nur geringste Regung der Würdigung und des Gedenkens zu Herbert Stauch zu benennen und abzuhalten.

 

Herbert Stauch und seine hinterbliebene Ehefrau waren bis zu ihrem Lebensende Mitglied der CDU. Von 1996 bis 2006 hatten der CDU-Ortsverband und die CDU-Stadtratsfraktion in Rudolstadt mehrere Vorsitzende. Von keinem und von dem damaligen Landtagswahlkreisabgeordneten der CDU ist ein erkennbarer Beitrag für die Ehrung von Herbert Stauch bekannt. Auch nicht vom Vorsitzenden des CDU-Ortsverbandes Rudolstadt. Diese „Funkstille“ gilt ebenso für den derzeitigen Vorsitzenden des CDU-Kreisverbandes Saalfeld-Rudolstadt. Ein Beitrag für das allgemeine Desinteresse und die verbreitete Unwissenheit liegt in der jahrelangen Hinhaltetaktik des Rudolstädter Bürgermeisters Reichl, an den Straßenschildern der Herbert-Stauch-Straße Informationen zur Person auf einem Zusatzschild anbringen zu lassen.

 

Es war Frau Sigmund vorbehalten, die Worte des Gedenkens in der Kreistagssitzung zu sprechen. Sie war ab 1990 einige Jahre Vorsitzende des Stadtverbandes der CDU und gehört seit 2019 der Kreistagsfraktion der AfD an und die Initiative zugunsten Gedenkens an Herbert Stauch erging aus der AfD-Fraktion.

 

Der Volksaufstand vom 17.6.1953 war der erste solcher Art im Herrschaftsgebiet der sowjetischen Streitkräfte in Europa nach Ende des zweiten Weltkrieges. Es waren viel mehr Einwohner daran beteiligt als an den Demonstrationen in der DDR im Herbst 1989.

 

Außer der Ehrung von Alfred Diener in Jena am 17.6.23 fand in ganz Ostthüringen keine einzige Gedenkveranstaltung politischer Kräfte statt. Das stellt ein totales Versagen der demokratischen Öffentlichkeit dar.

 

 

Unter der Bezeichnung „Mitmachricht“ veröffentlichen wir die uns zugesandten Beiträge. Die Inhalte spiegeln nicht unbedingt die Meinung der Redaktion wider, die Angaben erfolgen ohne Gewähr und Anspruch auf Vollständigkeit.

Ihnen gefällt unsere Arbeit? Unterstützen Sie HalloOberland mit einer PayPal-Spende und tragen Sie so zur Meinungsvielfalt in unserer Region bei. Vielen Dank!

Veranstaltungen

Meistgelesen