Von Altem Brauchtum: Martini und Elfter Elfter

Facebook
Twitter
WhatsApp
Email
Telegram

In den Kirmeszyklus fällt mit dem 11. November der Martinstag, der heute als närrischer Auftakt zur Karnevalszeit gefeiert wird und auch früher schon ein Festtag war, mit dem es folgende Bewandtnis hatte: In alten Zeiten war das Jahr in zwei Fixdaten halbiert, Martini und Walpurgis. Gemäß dem Leitspruche: ›Michael gemahnt, Martin zahlt‹ waren an diesen Tage gemeinhin die Steuern und Abgaben, wie die bekannte Martinsgans, zu entrichten. Nach Martini wußten die Bauern genau, was vom Gewinn des Wirtschaftsjahres noch übrig war und begingen das in kleinen familiären Festen. Brückner schreibt 1870 dazu: »Am Martinstage sind die Martinsgänse und Martinshörner, uralte selbst jetzt noch landesübliche Speisen, zu Ehren ursprünglich des Wotan, dann des ihm im Christenthume vertretenden Hl. Martin, des vermeintlichen Beschützers der Tiere. Auch bringen die Kinder hier und da ihrem Lehrer eine Martinsgans zum Opfer. Geht die Gans Martini auf dem Eise, so geht sie Weihnachten auf dem Dreck,«1 weiß der Lichtenbrünner Kalender, aber auch: ›Wenn zu Martini die Sonne hell scheint, so soll ein harter Winter kommen.‹2

Heute bildet Martin für manche schon den Auftakt zur Weihnachtszeit. Sie schenken ihren Kindern Süßes und veranstalten am Abend für sie einen Lampionumzug. Hier und da gibt es auch noch [oder wieder] ein besonderes Martinsfeuer.

Am Elften Elften, um 11:11 Uhr, ist alljährlicher Auftakt zur Karnevalssaison. Schulklassen halten in kurzer Unterbrechung des Unterrichts eine närrische Minute. An diesem Tag tritt auch der Elferrat zusammen und wählt den Karnevalsprinzen seines jeweiligen Faschingsvereins. Man beginnt mit dem Entwurf neuer Kostüme bzw. Aufbauten für die Umzugswagen. Gilt die Zahl Elf in der modernen Numerologie als Meisterzahl, so galt sie unseren Vorfahren eigentlich als Synonym der Unvollkommenheit, denn sie lag zwischen 10 [Zehn Gebote] und 12 [Zwölf Monate, Zwölf Apostel]. Wer am 11.11. zum Traualtar schreitet, sagt man noch heute, habe die Scheidungsurkunde gleich mit in der Tasche. Selbiges gilt für den 09.09.

1 Brückner 1870, S. 190
2 Körber 1718 bei Hänsel 1926/1, S. 11



Über den Autor: Alexander Blöthner M. A. (phil.), gebürtig in Plothen bei Schleiz, hat an der Universität Jena ein ›Studium Generale‹ mit Schwerpunkt auf Geschichte und Soziologie absolviert und verfasst Bücher über Lebensphilosophie, Sagen, Orts- und Regionalgeschichte, Landschaftsmythologie als auch Alltags-, Sozial- und Wirtschaftsgeschichte. Sein neuestes Buch: „Wetterextreme im Reußischen Oberland“. Autorenwebseite: Sagenhafte Wanderungen

Ihnen gefällt unsere Arbeit? Unterstützen Sie HalloOberland mit einer PayPal-Spende und tragen Sie so zur Meinungsvielfalt in unserer Region bei. Vielen Dank!

Veranstaltungen

Meistgelesen