Von den bis zum Ende der Frühneuzeit zahlreich verordneten Buß- und Bet-Zeiten hat sich bei uns – als letzter von vier vierteljährlichen Terminen jetzt noch ein einziger Buß- und Bettag erhalten. Neben ihrem früheren Zweck, zu befürchtende Kriegs- und Hungersnot durch die Verminderung der Sünden sowie durch kollektive Gebetsleistungen entgegenzuwirken, steht heute der individuelle Aspekt der Gewissensprüfung und Sündenbekenntnis im Vordergrund. Bislang ein arbeitsfreier Tag des Besinnens und des Fastens, devancierte er mit der Zeit zu einem blanken Bett-Tag, sprich Urlaubstag, der aber von der berufstätigen Bevölkerung durchaus benötigt wurde, um in der tristen Zeit des Vor-Advent Kraft zu tanken. Leider wurde er 1995 als gesetzlicher Feiertag in Thüringen abgeschafft. Dafür hat die Landesregierung im Jahre 2019 einen zusätzlichen freien Tag zum Kindertag in der früheren BRD (20. September) eingeführt, obwohl der Tag des Kindes in den meisten Orten des ›Beitrittsgebietes‹ weiterhin an dem, in der ehemaligen DDR dafür angedacht gewesenen Termin [(1. Juni) begangen wird. Von wohl größerer Wirkkraft – da im drüben und finstren November sinnvoller – hätte hierfür der von der UNO auf den 20. November festgesetzte Weltkindertag sein können, womit in gewisser Weise ein Ersatz für den als Feiertag verlorenen Buß-und-Bet-Tag geschaffen worden wäre.
Über den Autor: Alexander Blöthner M. A. (phil.), gebürtig in Plothen bei Schleiz, hat an der Universität Jena ein ›Studium Generale‹ mit Schwerpunkt auf Geschichte und Soziologie absolviert und verfasst Bücher über Lebensphilosophie, Sagen, Orts- und Regionalgeschichte, Landschaftsmythologie als auch Alltags-, Sozial- und Wirtschaftsgeschichte. Sein neuestes Buch: „Wetterextreme im Reußischen Oberland“. Autorenwebseite: Sagenhafte Wanderungen