Von altem Brauchtum: Gregoriustag

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Über den Autor
Alexander Blöthner M. A. (phil.), gebürtig in Plothen bei Schleiz, hat an der Universität Jena ein ›Studium Generale‹ mit Schwerpunkt auf Geschichte und Soziologie absolviert und verfasst Bücher über Lebensphilosophie, Sagen, Orts- und Regionalgeschichte, Landschaftsmythologie als auch Alltags-, Sozial- und Wirtschaftsgeschichte. Autorenwebseite: Sagenhafte Wanderungen

»St. Gregor zeigt dem Bauern an, ob er im Feld schon säen kann.« An diesem Tage schloß früher in Schulen und Universitäten das Wintersemester. »Es fanden festliche Umzüge statt mit Kostümierungen, Singen und Schülerspielen. Verbreitet war auch das Gregoriussingen – ein Bettelsingen der Lehrer mit ihren Schülern. Bei den alten Germanen war heute Knaben- und Jünglingsweihe.«1 Das Gregoriusfest fand zu Ehren Papst Gregors des Großen [†604] statt, der sich um die Einrichtung von Schulen und um die Förderung des Unterrichts große Verdienste erworben hatte. Bis nach dem Krieg gab es im Unterland, etwa in Pößneck, noch den sogenannten ›Brezeltag‹, wo die Kinder in der Kirche ihren eigenen Gottesdienst veranstalteten, wobei verkleidete Schüler den Kaplan, den Diakon und den Bischof mimten. Nach seiner Predigt des Kaplans hielt der Kinderbischof dann noch eine kurze Ansprache und die Schüler durchzogen anschließend die Straßen und Gassen, wo sie an bestimmten Punkten Lieder und Choräle sangen und von den Bürgern dafür mit Backwaren, mitunter mit Brezeln beschenkt wurden, bis eine fromme Stiftung das Backen der Brezeln übernahm und jedem Schulkind eine solche feierlich verabreichte. Im Anschluß fanden sich die Schüler an verschiedenen Spielplätzen ein und begingen des Rest des Tages in lustigen Spielen, die größeren schon mit einer Art Sportfest. Zu DDR-Zeiten ging der Brezeltag in den Feierlichkeiten zum internationalen Kindertag [1. Juni] auf und wird erst seit 1991 in Pößneck wieder begangen.2 Mit dem Gregoriustag waren in der Regel auch einige Tage Ferien verbunden. Überhaupt war es mit den Schulferien in alter Zeit ein anderes, fand doch, vornehmlich auf den kleineren Dörfern der Unterricht sonst nur im Wintersemester statt. Und selbst da wo ganzjährig Unterricht war, standen im Vegetationshalbjahr oft ganze Bankreihen leer, weil die Eltern ihre Kinder lieber mit auf dem Feld sahen. Selbst als man im 19. Jahrhundert einheitliche Reglungen durchsetzte, orientierten sich etwa im Amt Burgk die Schulferien bis 1885 noch ganz an den alten Festkalendern der jeweiligen Gemeinden. So gab es Fastnachts-, Oster-, Schützenfest-, Martini-, Markt-, Schlachtfest- und Kirmesferien.

1 Michels 1998, S. 115
2 Vgl. Hans Walter Enkelmann: Der Pößnecker Brezeltag, in: Heimatjahrbuch des Saale-Orla-Kreises 1995, S. 4f.

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