Mit dem Grundsatzbeschluss des Kreistages vom 25.05.2020 zur Unterstützung der Schaffung eines Jugendparlamentes am Beispiel der Stadt Jena verfolgte die Unabhängige Bürgervertretung-Freie Wählergemeinschaft des Saale-Orla-Kreises (UBV) ein grundlegendes Ziel. Die noch nicht volljährigen Schüler aller weiterführenden Schulen des Saale-Orla-Kreises sollten die Möglichkeit erhalten, ihre Meinung vor der Öffentlichkeit kundzutun und zu vertreten und das vollkommen parteiunabhängig. Ganz konkret könnte dies nach unserer Vorstellung durch Beteiligung der Jugendparlamentarier an der Arbeit des Kreistages und seiner Ausschüsse erreicht werden.
Die Mitglieder des Jugendparlaments würden aller zwei Jahre durch demokratische Wahlen an den Schulen bestimmt. Die dazu entwickelte Satzung, die sich sehr stark an der des gut funktionierenden Jenaer Jugendparlamentes orientiert, kann unter https://ubv-sok.de bzw. www.ubv-sok.de eingesehen werden. Warum sind aber nun die Chancen für ein Jugendparlament im Saale-Orla-Kreis nur noch sehr gering?
Die Umsetzung des Beschlusses wurde durch den Landrat Thomas Fügmann und seinem Stellvertreter Christian Herrgott (beide CDU) der Externen Koordinierungs- und Fachstelle der Lokalen Partnerschaft für Demokratie übertragen. Diese Stelle ist beim Volkssolidarität Pößneck e.V. angesiedelt, dessen Vorsitzender Christian Herrgott ist. Für eine derartige Übertragung gibt es jedoch keinen Kreistagsbeschluss.
Nach einer Auftaktveranstaltung am 30.09.2020, an der ca. 40 interessierte Jugendliche teilnahmen, sind weniger als 10 Jugendliche übrig geblieben, die noch Interesse zeigen. Diese sind jedoch meist keine Schüler mehr.
Geführt und unterstützt von Bettina Essebier und Frau Seidler (externe Koordinierungs- und Fachstelle) verfolgt diese lose Gruppe Jugendlicher, die sich den Namen „Initiative Jugendparlament“ gegeben hat, eine Satzung zu erstellen, mit der sie ihre Interessen verwirklichen können. Ein durch demokratische Wahlen geschaffenes Gremium (Jugendparlament) sieht diese Satzung nicht vor. Damit vertreten diese Jugendlichen nicht die Interessen aller Schüler, sondern lediglich ihre eigenen. Das ist natürlich nichts Verwerfliches, aber hat nichts mit dem auf UBV-Antrag gefassten Beschluss des Kreistages zur Unterstützung der Schaffung eines Jugendparlamentes gemein.
Die von der UBV beantragte, aber von der Mehrheit des Kreistages abgelehnte Satzung, wäre eine Möglichkeit für ein Jugendparlament im wahrsten Sinne des Wortes. Damit hätte schon im nächsten Schuljahr ein Jugendparlament seine Arbeit aufnehmen können.
Die „Initiative Jugendparlament“ sieht sich durch die Satzung der UBV bevormundet und eingeschränkt und dies unterstützt durch Landrat Fügmann und einigen anderen Kreistagsmitgliedern. Die „Initiative Jugendparlament“ möchte jedoch selbst eine Satzung erarbeiten.
Eine Satzung, die der Kreistag beschließen muss, von Jugendlichen erarbeiten zu lassen, ist sehr mutig, aber gleichzeitig auch unbedacht. Es ehrt die Jugendlichen, die sich das zutrauen, ist aber ein schweres Unterfangen für jemanden, der auf diesem Gebiet keine oder nur wenig Erfahrung hat. Man stelle sich nur einmal vor, die Thüringer Kommunalordnung, das Wahlgesetz und die Wahlordnung wären von den zu wählenden Bürgern in den Städten und Gemeinden selbst erarbeitet worden.
Die erst vor kurzem von den Jugendlichen vorgelegte Satzung realisiert nicht das, was beschlossen wurde.
Aufgrund problematischer und nicht zu Ende gedachter Festlegungen könnte diese Satzung der notwendigen Prüfung der Aufsichtsbehörde in Weimar nicht Stand halten.
Wenn das eintritt, wird die Gründung eines Jugendparlamentes im Saale-Orla-Kreis wahrscheinlich auf den Sankt-Nimmerleinstag verschoben.
Wer wirklich den Schülern der weiterführenden Schulen ein pateiunabhängiges Beteiligungsrecht einräumen wollte, hätte der Satzung der UBV oder einer in den Grundzügen ähnlichen Satzung zustimmen sollen. Aber im Kreistag des Saale-Orla-Kreises besteht dazu derzeit kein mehrheitliches Interesse.
Verlierer dabei sind all diejenigen, die auf die Entstehung eines Jugendparlamentes im Saale-Orla-Kreis gehofft hatten, allen voran die ca. 30 Jugendlichen, die seit der Auftaktveranstaltung nicht mehr beteiligt wurden.
Mehr als ein Jahr nach dem Beschluss ist kein Jugendparlament in Sicht, auch wenn sich Landrat Fügmann, die „Initiative Jugendparlament“ und die Lokale Partnerschaft für Demokratie bei öffentlichen Auftritten gegenseitig mit Lob beweihräuchern.
Den Jugendlichen kann man dafür nicht böse sein. Sie versuchen, trotz der großen Anzahl von Jugendfreizeiteinrichtungen im Saale-Orla-Kreis (s. https://www.saale-orla-kreis.de/de/jugendfreizeiteinrichtungen.html), für sich eine weitere solche Einrichtung nach ihrer Vorstellung zu schaffen. Anscheinend sind Sie mit den vorliegenden Angeboten der Freien Träger unzufrieden und wollen, dass der Landkreis nun selbst zur Tat schreitet. Gegen dieses Ansinnen hat die UBV keine Einwendungen. Aber dafür den Namen „Jugendparlament“ zu verwenden, ist irreführend und hat mit dem eigentlichen Zweck, auf den der Name hinweisen soll und damit auch mit dem Kreistagsbeschluss, nichts zu tun.
Zusammenfassend betrachtet ist dies jedoch wieder einmal ein trauriges Ergebnis parteididaktischen Handelns, ohne Rücksicht auf das, worum es eigentlich geht, nämlich um ein nicht von Parteien diktiertes „Sprachrohr“ für die Schüler der weiterführenden Schulen.
Andreas Scheffczyk
Fraktionsvorsitzender der UBV im Kreistag des Saale-Orla-Kreises