Andreas Karl, 35 Jahre.
Beruf: Zimmerer.
Warum hast du in deinen jungen Jahren diesen Beruf gewählt?
Mein Opa hat mir viel beigebracht und ich durfte auch schon als kleiner Junge mit aufs Dach. Außerdem hatte ich keine sehr guten Schulnoten, war wohl etwas faul. Abitur kam für mich also nicht infrage und Büroarbeit konnte ich mir auch damals schon nicht vorstellen.
Aber ich hatte Glück, mein Nachbar hat mich als Lehrling in sein Unternehmen aufgenommen und an mich geglaubt. Und wenn dir die Arbeit Spaß macht, strengst du dich auch in der theoretischen Ausbildung an.
Na ja und heute bin ich selbständiger Unternehmer, hat sich doch gelohnt!
Wie wichtig ist für dich das „Handwerk“ im Allgemeinen?
Natürlich sehr wichtig, was ich gerade momentan sehr schätze ist die kollegiale Zusammenarbeit unter den verschiedenen Gewerken. An größeren Baustellen arbeiten Elektriker, Fliesenleger, Maurer und wir eng zusammen, da hilft man sich und nimmt vom Kollegen sehr viel für sich mit.
Wie begeisterst du einen jungen Menschen, sich für deinen Beruf zu entscheiden?
Er muss erst einmal wollen, die Begeisterung für diesen Beruf sollte schon etwas in dir stecken und wir, also mein Beruf, wir sind die Krone des Handwerks, wir setzen den Leuten ein Dach auf. Das sieht immer sauber und ordentlich aus, wie der Zimmerer selbst. Übrigens ist es auch einer der bestbezahlten Handwerksberufe.
Es muss aber auch eine Ehre sein, in diesem Beruf zu arbeiten. Das findet man aber am besten bei einem Schnupperkurs heraus. Ich nehme gern einen jungen Menschen mal eine Woche mit. Wir zeigen sehr gern, was wir machen.
Fazit: Meine Motivation an junge Leute ist: Mitkommen, mitmachen…
Wie wichtig ist dir deine Handschrift am Gebäude, an dem ihr mitwirkt?
Oh, sehr wichtig. Da kommt die Ehre wieder mit ins Spiel. Meine Hoffnung und natürlich mein Wunsch ist, dass das Haus in 200 Jahren immer noch steht und es die Menschen bewundern können.
Wir Zimmerer arbeiten nachhaltig und mit heimischem Holz. Du darfst nicht vergessen, so ein Haus ist eine Wertanlage und sollte es auch immer bleiben.
Ein Haus, das schnell gebaut ist und nur 30 Jahre hält, ist nicht unser Anspruch.
Wie viel Kreativität können deine Mitarbeiter ins Arbeitsgeschehen einbringen?
Kunst steckt überall drin, und Kreativität ist nicht nur gern gesehen sondern auch ein Muss. Wir arbeiten mit einem Naturprodukt. Da gibt auch Sanierungen oder verzwickte Ecken und da ist natürlich eine räumliche Vorstellung sehr wichtig.
Kreativität ist das A und O! Mit Holz kann man so viele schöne Dinge machen.
Spielt das Lehrlingsgehalt eine sehr große Rolle?
Ja, wobei man man in dem Bereich schon gut einsteigt. Im dritten Lehrjahr bekommt man so um die 1100 €. Aber es bleibt trotzdem ein Handwerk, mit dem Tablet schlägst du keinen Nagel in die Wand!
Was ist falsch gelaufen bei der Berufswahl der jungen Menschen, wenn es um ein Handwerk geht?
Ich habe seit 2 Jahren keine Bewerbung mehr auf dem Tisch. Vielleicht liegt es auch mit an den geburtenschwachen Jahren, ich habe die Statistik nicht im Kopf. Dennoch denke ich, dass die Schulen auch einen großen Anteil an der Lage mit tragen. Ich hatte noch Werken-Unterricht, wir haben in der Schule mehr mit den Händen gemacht. Vielleicht sind es auch die Eltern, die ihre Kinder lieber studieren lassen wollen. Handwerk hat in den Köpfen vieler Eltern den Ruf von Dreck, geringer Verdienst, körperlich schwere Arbeit.
Und wir haben gerade das Thema „Homeoffice“ ganz stark. Ich denke, das wird uns die nächsten Jahre auch noch begleiten und macht das Werben um Lehrlingsplätze nicht einfacher.
Die Kinder sehen ihre Eltern viel zu Hause, nicht im Regen, in der Kälte, bei heißen Temperaturen draußen arbeiten. Das will man dann auch.
Findest du, dass die regionale Politik mit Messen, Ausstellungen und Schnupperkursen euch mehr unterstützen sollte?
Ich wollte eigentlich jetzt in das Thema mehr einsteigen, nun hat aber Corona einiges zum Stillstand gebracht. Ja natürlich, Messen und Ausstellungen sind immer gut. Ich wäre auch gern mit dabei, wenn die Gemeinden so ein Schnupper-Wochenende oder einen Handwerker-Markt auf die Beine stellen wollten. Wir möchten ja die Jungen Leute auch gern hier behalten.
Viele Eltern haben Angst, dass ihre Kinder bei so einem Beruf ihre Gesundheit schädigen, also Rücken, Gelenke ect. Ist das berechtigt?
Das war früher sicherlich so gewesen, aber durch die heutigen Hilfsmittel, also Kran, Stapler, Hublader ect. schon lange nicht mehr. Natürlich muss man auch mal einen Holzbalken mit der Schulter hoch heben.
Aber auch in meiner kleinen Firma arbeiten wir schon sehr technikunterstützt.
Was wünschst du dir von unserer Politik für dein Unternehmen oder das Handwerk im Allgemeinen?
Da kommen wir wieder ins Finanzielle. Die ganze Besteuerung, die Krankenkasse…,das prasselt ganz schön auf ein kleines Unternehmen ein. Wie willst du denn da ein ordentliches Angebot schreiben?
Und für uns ist natürlich der Holzpreis enorm wichtig. Erst hat man 15 € mehr auf den qm verlangt und jetzt noch mal zusätzlich 15% obendrauf. Das lässt sich doch hier auf dem Land gar nicht mehr umsetzen. Und dazu kommt noch der Stahlpreis. Wahnsinn, wie der explodiert ist! Für unsere Bleche müssen wir richtig hin legen.
Das ist der reibende Punkt an dieser Stelle, das macht mir gerade etwas Probleme.
Danke für deine offenen Worte, Andreas!
Interview von Elke Borger