Von altem Brauchtum: Gründonnerstag

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An diesem Tag sollen das letzte Abendmahl (als Begründung der christlichen Eucharistie), der Verrat des Judas Iskariot und die Verhaftung des Herrn im Garten Gethsemane stattgefunden haben. Die Bedeutung von ›Grün‹ in diesem Zusammenhang ist nicht hinreichend zu klären; u.a. läßt es sich etymologisch von einem alten Wort für ›Gericht‹ bzw. von ›greinen → weinen‹ ableiten, »doch das Volk mußte an diesem Tag unbedingt etwas Grünes essen wie Rewenzele [Rapunzel/Feldsalat], Brunnenkresse, Brenn-Nessel, Schnittlauch, Himmelsschüssel- oder Gänseblümchenknospen. Außerdem war an diesem Tag – von Generation zu Generation überliefert – noch manches zu beachten: Vieh, am Morgen mit Weidenruten geschlagen, würde nicht störrisch. Holzasche in den Hühnerstall geschüttet, versprach mehr Legeleistung. Die Haustreppe sollte von unten nach oben gekehrt werden.«1 Jede Kuh sollte drei Bissen Honigbrot erhalten. Wer am Gründonnerstag ein Gemisch von 77 Wurzeln bei Zugabe von 9 Holzsorten verrieben zu sich nimmt, erhält dadurch Schutz vor 77 Fieberdämonen. Die am Gründonnerstag oder Karfreitag gelegten Hühnereier waren für die Männer reserviert, damit sie sich in diesem Jahr keinen Bruch heben sollten.2 Warum der heutige Tiburtiustag als einer der wenigen vorreformatorischen Heiligentage seine Bedeutung als Lostag auch in unserer Region behalten hat, mag daran liegen, daß er zu Zeiten des, im Oberland bis 1700 gültigen Julianischen Kalenders den Beginn des Sommerhalbjahrs markierte, daher jene Notiz des Lichtenbrünner Kalenders: ›Wenn auf Tiburti die Felder grünen, so soll das Korn wohl geraten.‹ Ferner heißt es darin: ›Wenn es am Ostertag sehr regnet, soll es dürres Jahr und wenig Futter geben. – Wenn es am Karfreitag regnet, soll kein Regen recht durchweichen. – Wenn es am Ostertag schön ist, soll das Schmalz wohlfeil‹, die Schlachttiere also schön fett werden.

Über den Autor
Alexander Blöthner M. A. (phil.), gebürtig in Plothen bei Schleiz, hat an der Universität Jena ein ›Studium Generale‹ mit Schwerpunkt auf Geschichte und Soziologie absolviert und verfasst Bücher über Lebensphilosophie, Sagen, Orts- und Regionalgeschichte, Landschaftsmythologie als auch Alltags-, Sozial- und Wirtschaftsgeschichte. Autorenwebseite: Sagenhafte Wanderungen

1 Jochen Kolbe: Osterbräuche von altersher im reußischen Oberland – Holzasche für mehr Hühnereier / Landwirt vergrub ein Ei / Osterwasserbrauch und Eierwerfen, in: Ostthüringer Nachrichten, Lokalteil Schleiz Nr. n.
2 Vgl. Trobisch 1926/10, S. 155f.; A. 1927/1-4; Clemens 1997, S. 22

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