Von altem Brauchtum: Christi Himmelfahrt

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Zum Gedenken daran, daß der auferstandene Heiland 40 Tage nach Ostern in den Himmel auffuhr und seine menschliche Natur in die göttliche Herrlichkeit vollständig eintrat, löscht man in vielen Kirchen heute die Osterkerze aus. Auch haben sich einigenortens dramatisierende Darstellungen wie das Hochziehen einer hölzernen Christusfigur in der Kirche bis hin zu regelrechten Auffahrtsspielen erhalten. Zudem finden in den katholischen Gegenden an diesem Tage Rosenkranzgebete, Bittgottesdienste, Wettersegen, regionale Wallfahrten und Flurumgänge statt. Die 1936 eingeführten Himmelfahrtstouren waren zunächst nur den Vätern und werdenden Vätern vorbehalten, die in feuchtfröhlicher Stimmung eine Kneipentour durch die umliegenden Orte unternahmen und am Ende in ihrer heimischen Stammwirtschaft den Tag ausklingen ließen. Ihren Höhepunkt erreichten diese Himmelfahrtstouren in den 1980er-Jahren und das, obwohl Christi Himmelfahrt zu DDR-Zeiten kein Feiertag war. Seither wird es von Jahr zu Jahr weniger mit dem Vatertag. Während die einen auf Fahrrädern touren, die anderen sich mit dem Auto herumkutschieren lassen oder ganz zuhause bleiben, nehmen wieder andere ihre Frauen und Kinder mit auf die Wanderung oder unternehmen mit dem Auto einen Familienausflug.1 Christi Himmelfahrt ist wieder ein Termin, wo sich Brauchtum und Aberglauben kanalisieren:

»Am Himmelfahrtstage, dem Tage der Gewitter, hält man noch mehr als am Karfreitag auf Arbeitsruhe und auf Schonung der Tiere und Blumen.«2 So warnte man etwa in Altengesees: ›Wer zur Himmelfahrt Blumen pflückt, bekommt böse Hände!‹ Auch ziehen dem Verletzer des Himmelfahrtsfriedens die Gewitter nach. Aufgrund dieses deutschlandweiten Aberglaubens vermutet man, der germanische Donnergott Donar habe an einem ›Donnerstag im Mai‹ seinen Hochfeiertag gehabt. Ansonsten heißt es, Himmelfahrtsregen deute auf eine schlechte Heuernte. Dem Lichtenbrünner Kalender zufolgte bringe ein kühler Mai aber auch viel Heu. Auch wußten die alten Oberländer: ›Wenn es im Mai oft donnert, so folgt ein fruchtbares Vegetationshalbjahr.‹ Interessant ist der vielerorts verbreitete Glaube, daß ein am Himmelfahrtstage intuitiv oder im stillen Gebet gepflückter Strauß von Kräutern das ganze Jahr über Unheil von Haus und Hof fernhalte. Unter den zu sammelnden „Kräutrich“ können sich etwa befinden, das inzwischen überall anzutreffende ›Kanadische Berufskraut‹ [Conyza canadis] gegen Zauber und Flöhe, das ›Scharfe Berufskraut‹ [Erigeron acer] gegen Hexen und Dämonen, der ›Dürrwurz‹, auch ›Sparriger Alant‹ [Inula coyza] genannt, gegen Gespenster, Schlangen und Alpträume, die ›Kohldistel‹, auch ›Schärblätter‹ [Cirsum oleraceum], gegen das ›Beschreien‹ und gegen Schocktraumata, das ›Kreuzkraut‹ [Senecio vulgaris] gegen Milchhexen und nichtzuletzt der ›Engelwurz‹ [Angelica sylvestris, Angelica archangelica] für geistige Einkehr und Inspiration.3

Über den Autor
Alexander Blöthner M. A. (phil.), gebürtig in Plothen bei Schleiz, hat an der Universität Jena ein ›Studium Generale‹ mit Schwerpunkt auf Geschichte und Soziologie absolviert und verfasst Bücher über Lebensphilosophie, Sagen, Orts- und Regionalgeschichte, Landschaftsmythologie als auch Alltags-, Sozial- und Wirtschaftsgeschichte. Autorenwebseite: Sagenhafte Wanderungen

1 Vgl. Michels 1998, S. 135
2 Ebenda, S. 140
3 Vgl. ebenda; Köhler 1867, S. 375ff., 391f., 415ff.; Hackl 2004; Wolf-Dieter Storl: Mit Pflanzen verbunden – Meine Erlebnisse mit Heilkräutern und Zauberpflanzen, Stuttgart 2005

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