Hexenjagd im Thüringer Oberland

Facebook
Twitter
WhatsApp
Email
Telegram
Darstellung eines „Hexenschusses“ von Johann Zainer (um 1490)

Die Nacht vom 30. April auf den 1. Mai gilt traditionell als die Nacht, in der sich die Hexen zum Hexensabbat treffen, um mit dem Teufel ein ausschweifendes Fest zu feiern. Das wollen wir zum Anlass nehmen und uns etwas genauer mit Hexen und der Hexenverfolgung in Thüringen beschäftigen.

Vorweg müssen wir aber mit einigen Legenden aufräumen. Im Allgemeinen verbindet man mit den Hexenprozessen die Verfolgung von schrulligen Kräuterweibern, denen im dunkelsten Mittelalter von geistlichen Würdenträgern der Prozess gemacht wurde. Nichts davon trifft zu. Zumindest im Raum Thüringen fanden die Prozesse vor weltlichen Gerichten statt, das Mittelalter war längst vorbei und auf der Anklagebank konnte jeder landen, auch Männer.

Auslöser für eine Anklage wegen Hexerei war meist ein Gerücht oder eine Denunziation. Wie es dazu kommen konnte, kann man beispielhaft dem Wort Hexenschuss entnehmen. Der plötzlich auftretende, stechende und anhaltende Schmerz war – so damals die Vermutung – auf den Schadenszauber einer Hexe zurückzuführen. Aber auch eine Kuh, die plötzlich keine Milch mehr gab, oder das „Anmachen von Läusen“ konnte nach damaligem Verständnis durch Hexerei verursacht werden. Passierten solche unerklärlichen Sachen immer dann, wenn Frau Nachbarin (jene, die immer so böse schaute), ihre Wäsche aufhing oder im Schuppen Holz holte, konnte das doch kein Zufall sein, oder?
Eine Kettenreaktion wurde oft auch durch das Geständnis einer „überführten“ Hexe ausgelöst, die nach der „peinlichen Befragung“ geständig war und vermeintliche Teilnehmer eines geheimen, nächtlichen Festes mit dem Teufel, dem Hexensabbat, preisgab.

Neben dem Schadenszauber und der Teilnahme am Hexensabbat gehörte der Teufelsbund und die Teufelsbuhlschaft zu den Tatbestandsmerkmalen, die einen Hexenprozess nach sich zogen. Der Pakt mit dem Teufel war ein Verstoß gegen das 1. Gebot und damit eindeutig ein Schwerverbrechen. Und obwohl naturgemäß keiner dieser Tatbestände durch handfeste Beweise nachgewiesen werden konnte, konnten alleine für den Raum Thüringen 1565 Opfer von Hexenverfolgungen zwischen den Jahren 1526 und 1731 ermittelt werden¹. Es genügte ein Geständnis, das meist durch Folter zustande kam, und man brannte auf dem Scheiterhaufen.

Der kollektive Aberglaube rund um Gott, Teufel und Hexerei war fest in der Gesellschaft verankert. Wer Zweifel hatte, machte sich verdächtig. Selbst angeklagte Hexen glaubten daran und hielten ihre Anklage für einen Irrtum oder gezielte Verleumdung. Erst im Zeitalter der Aufklärung um 1700 fand ein Umdenken statt.

Was hat das ganze aber nun mit dem Oberland zu tun? Eigentlich nicht viel. Das Thüringer Schiefergebirge und der thüringische Teil des Vogtlandes blieb von den Hexenverfolgungen offenbar vollkommen verschont². Jedenfalls sind bis dato keine Fälle bekannt; und das mag was heißen, denn Hexerei gehörte zu den Superverbrechen der Frühen Neuzeit, die Hexenprozesse waren ein Spektakel, gut besucht und wurden stets gut dokumentiert.

Dennoch drängen sich durch diese Prozesse Fragen auf, die Historiker nicht beantworten können und auch für uns von Bedeutung sind: Wie kam es damals zu diesem kollektiven Aberglauben? Wie steht es heute darum und kann man als Einzelner etwas dagegen tun³? Und wenn damals keine Hexen im Oberland verbrannt wurden, ist es möglich, dass noch welche unter uns leben?


¹ Ronald Füssel, Hexen und Hexenverfolgung in Thüringen – LZT, 3. Auflage 2021 S. 74
² Ronald Füssel, Hexen und Hexenverfolgung in Thüringen – LZT, 3. Auflage 2021 S. 105
³ Noch heute gibt es vor allem in Afrika, aber auch in Südostasien und Lateinamerika Fälle von Hexenverfolgungen.

Ihnen gefällt unsere Arbeit? Unterstützen Sie HalloOberland mit einer PayPal-Spende und tragen Sie so zur Meinungsvielfalt in unserer Region bei. Vielen Dank!

Veranstaltungen

Meistgelesen