Essay von Alexander Blöthner über die Herren, Grafen und Fürsten Reuß

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Das Fürstenhaus Reuß ist in den letzten Tagen unerwartet in die Schlagzeilen geraten, wobei verschiedentlich behauptet worden ist, diese Familie, welche bis 1918 zwei kleine Fürstentümer im östlichen Thüringen und damit auch das Oberland regiert hatte, sei – weil es nicht mit ›von‹ betitelt würde, eines der ältesten Adelsgeschlechter Deutschlands überhaupt und mit mehr als 1.200 Jahren sogar noch älter als die Wettiner. Dem ist aber ganz und gar nicht so. Lediglich das 1971 im Mannesstamme erloschene Fürstenhaus Schwarzburg [mit Rudolstadt und Sondershausen] konnte solches für sich verbuchen, während sich das Geschlecht der Wettiner, je nachdem welchem genealogischen Ansatz man folgt, von Burchard – dem Markgrafen der Thüringer – ableiten läßt, der im Jahre 908 mit seinem thüringisch-fränkischen Heer in einer epischen Schlacht gegen die heidnischen Ungarn unterging, worauf Thüringen von Gewalten aus dem heutigen Niedersachsen vereinnahmt wurde und im Vorfeld der Gründung des Deutschen Königreichs [919] im Gegensatz zu Bayern, Schwaben, Franken u.a. leider kein eigenes Stammesherzogtum auszubilden in der Lage war. Zu dieser frühen Zeit konnte von den Reußen noch längst nicht gesprochen werden, ja nicht einmal von ihren Vorfahren, den Vögten von Weida.

Zur Abstammung der Vögte von Weida

Die sicherlich ›älteste historische Information‹ zur Abkunft der Vögte bildet die einheimische Sage, wonach deren ältester Vorfahr ein armer Schlucker aus Veitsberg bei Wünschendorf gewesen sei, dem das Glück beschieden war, im Höllengrund bei Weida einen gewaltigen Schatz zu heben und daraufhin in den Ritterstand aufzusteigen. Der Kern dieser Legende, wonach der erste Herr von Weida ein gebürtiger Elsterländer war und dann aus dem benachbarten Veitsberg nach Weida herüberwechselte, steht – wie Reste einer Wehranlage im Areal der dortigen St. Veitskirche vermitteln – auch für die Regionalforschung nicht grundlegend außer Frage.

Im Gegenzug verweist die im Mittelalter verfaßte Geschichte des Domherren Arnold von Quedlinburg um die Stiftung des vögtischen Familienklosters zu Mildenfurt im Jahre 1193 auf eine Herkunft der Herren von Weida aus dem Harzraum. Danach weilte einstmals ein gewisser Graf Erkenbert von Osterode im Auftrag des Kaisers im elsterländischen Herrschaftsgebiet des Grafen Attribo. Dieser, an jenem »mannhaften und klugen Herren gefallen findend, verband seine Tochter Jordana mit ihm«. In der Tat existierte in dem Großraum eine, nach dem Orte Wida (heute Wüstung) am Harzrand nördlich von Mühlhausen benannte welfische Ministerialenfamilie, die mit Heinrich von Wida, ›dem Sohn des Erkenbert‹,1143 in einer Urkunde des Klosters Homburg an der Unstrut erscheint. Indem die Kolonisation Mitteldeutschlands gerade von, aus den Altsiedelgebieten des Reiches eingewanderten Adelsfamilien getragen wurde, die dann dort Nebenlinien begründeten, kann nicht ausgeschlossen werden, daß auch die Vorfahren der Vögte von Weida im Gefolge großer Territorialherren [vielleicht sogar Kirchenfürsten wie den Bischöfen von Merseburg oder Naumburg] in die Slawengaue eingewandert sind und sich dann – nachdem sie dort Rang und Namen erlangt hatten – eine höhere, in der Regel gräfliche Abkunft zulegten, sich also mitunter von Familien ableiteten, deren Ursprünge in der Tat bis in die Tage Karls des Großen zurückreichen.

Zur Entstehung des Vogtlandes im Hochmittelalter

Als frühester nachweisbare Vorfahren der Vögte gilt der 1122 bezeugte Erkenbert von Weida, dessen Nachkommen als Reichsministeriale im Dienste Kaiser Friedrichs Barbarossa als Vögte königliche Ländereien, aber auch Kirchenbesitz im Gebiet um Gera, Ronneburg, Weida, Greiz und Plauen sowie wahrscheinlich auch um Hof und im Egerland verwalteten. Aus diesem Grund wurde der heraldisch von rechts nach links schreitende, rot bekrönte goldene Löwe auf schwarzem Grund hernach zu ihrem Wappentier.
Bis zum Jahre 1200 hatten die Vögte von Weida eine solche Machtfülle erreicht, daß sie ab 1193 bei Mildenfurth eine gewaltige, in ihren Ausmaßen sonst nur mit dem Naumburger Dom vergleichbare Klosterkirche in die Einöde stellen konnten. Weitere Familienklöster folgten in Cronschwitz bei Wünschendorf und bei Saalburg [Heiligkreuz]. Auch ihr Herrschaftszentrum, die Doppelstadt Weida mit der Osterburg, konnte sich dazumal sehen lassen, denn sie besaß mit 3 großen Kirchen, zwei weiteren Klöstern und 5 Kapellen – wenn man Mildenfurt und Cronschwitz noch hinzurechnet – nicht weniger geistliche Einrichtungen als die Stadt Leipzig.
Im Zuge einer Erbteilung seitens der drei Söhne Heinrichs II. des Reichen [urkundlich seit 1174] – Heinrich III. der Ältere, Heinrich IV. der Mittlere und Heinrich V. der Jüngere – entstanden im Jahre 1238 die Linien Weida [mit Ronneburg], Gera [mit einem Teil von Plauen] und Plauen [mit Greiz] sowie nach dem Tode Heinrichs V. die Linien der Vögte von Weida, Gera und Plauen.
Nach dem Aussterben der Herren von Lobdeburg, den eigentlichen Kolonisatoren des später reußischen Oberlandes [ab 1204], übernahm Vogt Heinrich I. von Gera 1247 per Erbfolge deren Positionen in Lobenstein, Mühltroff und Pausa sowie nach 1290 in Schleiz, Saalburg und Burgk.
Mit dem kaiserlichen ›großen Regalienbrief‹ von 1329 stiegen die Vögte de facto in den Rang erblicher Reichsfürsten auf, konnten diese Position aber nur bis zum verlorenen Vogtländischen Krieg [1354-1359] gegen die Wettiner und Kaiser Karl IV. – denen sie als Beherrscher wichtiger Handelsrouten buchstäblich im Wege waren – erhalten. Neben Plauen und ihren oberfränkischen Gebieten gingen sie schließlich auch ihres Kernlandes Weida verlustig und devancierten in eine Art Zwischenstellung, waren zwar keine wirklichen Reichsstände mehr, aber auch keine bloßen markgräflichen, landgräflichen bzw. böhmischen Vasallen.
Von den Familiengrablegen der Vögte haben sich nur einige Grabplatten [u.a. mit Scheibenkreuz] in der Ruine der Klosterkirche von Cronschwitz erhalten. Warum man noch zu Beginn der 1990er-Jahre den Grund der vormaligen Apsis der großen Stiftskirche zu Mildenfurt [später Jagdschloß] mit den dort vermuteten frühesten Grablegen der Vögte einfach weggebaggert hat, bleibt von Vielen bis heute unverstanden, sind damit doch auch etwaige genetische Untersuchungen zur tatsächlichen Abkunft der Familie verunmöglicht.
Mit der Aufhebung der Reichsvogtei 1404 wurden die ›Vögte‹ dann zu ›Herren‹ von Weida [bis 1532], Gera [bis 1550] und Plauen. Die Plauensche Linie zerfiel dabei in einen älteren und einen jüngeren Zweig. Ersterer hatte seine Gebiete nach 1357 zwar größtenteils nur noch in Böhmen, erhielt aber vom Kaiser den Titel ›Burggrafen von Meißen‹, ohne in diesem Kernland wettinischer Macht jemals Herrschaftsrechte ausgeübt zu haben.
Der jüngere, zu Greiz sitzende Zweig des Hauses Plauen aber führte nach dem Zunamen seines Begründers, Heinrich III. [† vor 1295] den ›Ruthenus‹ oder ›Rucze‹ fortan den Namen ›Reuß‹. Dieser rührt – so mutmaßt man – entweder von dessen längerem Aufenthalt in Rußland oder von seiner Ehe mit der mütterlicherseits einem russischen Fürstenhaus entstammenden böhmischen Herrentocher Maria Swihowska her.
Ein Namenszusatz ›von‹ erübrigte sich insoweit, da dieser lange Zeit nur bei, nach einem Ort benannten Adligen üblich war und selbst einheimische Geschlechter wie die Oberländer, die Riedesel, die Schützen und die Wilden erst an dem 17. Jahrhundert langsam mit dieser Präposition betitelt wurden.

Der Burggrafenstaat und die reußischen Landesteilungen des 16. bis 18. Jahrhunderts

Hatten im Vogtländischen Krieg die Wettiner im Verbund mit der Krone die Vögte entmachtet, so war es in der Zeit nach der Reformation nun der ernestinische Zweig der Wettiner, der im Zuge des Schmalkaldischen Krieges [1546/47] von der Krone unter Anteilnahme des Burggrafen Heinrichs IV. [†1564] als böhmischer Erzkanzler enorm geschwächt wurde und seines Kurfürstentitels, der erzgbirgischen Silberminen sowie größerer Gebietesanteile verlustig ging. Auf ihre Kosten wie auch auf die der Reußen, die in diesem Kriege zwangsweise den Kurfürsten hatten unterstützen müssen, entstand daraufhin der sogenannte ›Burggrafenstaat‹, der faktisch die gesamten diesseitigen Gebiete des Vogtlandes wieder unter einer Hand vereinigte, und die Reußen als eigentliche Erben der 1550 ausgestorbenen Herren von Gera aus Gera und Greiz nach ihrer Herrschaft Kranichfeld im Thüringer Becken verbannte, weswegen sie fortan– selbst nachdem sie dieses Gebiet längst verkauft hatten – den Kranich weiter in ihrem Wappen behielten. Obwohl verwaltungstechnisch weit über dem allgemeinen Niveau seiner Zeit stehend, war dem Burggrafenstaat auf Dauer kein Glück beschieden. Die beiden noch minderjährigen Söhne dessen viel zu früh verstorbenen Begründers Heinrichs IV. verloren ein Stück nach dem anderen, bis am Ende das sächsische Vogtland nebst dem Amt Weida zu den Albertinern –[jenem Sachsen nun beherrschenden Nebenzweig der Wettiner] und die Gebiete um Gera, Zeulenroda, Greiz, Schleiz und Lobenstein an die Reußen kamen.
Kaum hatten letztere 1562 bzw. 1572 einen Teil ihres Besitzes bzw. Erbes [Lobenstein war noch verpfändet, Schleiz, Saalburg, Burgk kamen erst 1590 ganz in ihre Hand] zurückerhalten, schritten sie schon zu ihrer ersten Landesteilung und bildeten eine ältere [bis 1927], eine mittlere [bis 1616] und eine jüngere Linie und damit die Teilstaaten Reuß-Untergreiz, Reuß-Obergreiz [mit Schleiz und Zeulenroda] und Reuß-Gera heraus.
Auch wenn die Wettiner deren Reichsstandschaft nie wirklich anerkannten, stellten die Reußen dem Reich im Gefahrfall doch Truppen, besaßen Sitz und zusammen mit anderen Herren und Grafen eine Gruppenstimme im Reichstag. Bevor alle reußischen Linien 1673 gegraft wurden, hatte man ihren einfachen Titel ›Herr‹ oft nicht richtig gewürdigt, und mancher landsässiger [also keinem Territorium vorstehender] Graf dünkte sich gar besser als sie.
Kurios war auch, daß man alle Prinzen der reußischen Linien mit Vornamen ›Heinrich‹ benannte. Diesen Namen soll Heinrich der Reiche [† vor 1210] aus Dankbarkeit für Landschenkungen zu Ehren Kaiser Heinrichs VI. für alle reußischen Regenten und deren Söhne eingeführt und festgeschrieben haben. So erblickten im Laufe der Jahrhunderte Hunderte von reußischen Heinrichen das Licht der Welt, wobei die Verwirrung dadurch noch verstärkt wurde, daß zudem verschiedene Zählmodalitäten existierten. Mal zählte man alle männlichen Mitglieder von I bis C [hundert] und begann dann wieder von vorne, mal wurde mit dem ersten Glockenschlag jedes neuen Jahrhunderts neu damit begonnen, die Prinzen zu zählen. Schnell war im diplomatischen Schriftverkehr also einmal Fürst Heinrich LXII. zu Schleiz mit Fürst Heinrich LXXII. zu Ebersdorf verwechselt, was mitunter zu staatlichen Verwicklungen führte.
Nachdem sich die jüngere und ältere Linie die Gebiete der 1616 ausgestorbenen mittleren Linie angeeignet hatten, umfaßten die Erbportion der ersteren Greiz, Zeulenroda und Burgk, die der letzteren dagegen Gera, Schleiz, Saalburg und Lobenstein. Durch Erbteilung innerhalb der beiden Linien zerfielen diese Gebiete mit der Zeit in noch kleinere Herrschaften, ja Unterherrschaften, so die der älteren Linie nicht nur in Ober- und Untergreiz, sondern mitunter – und oft auch nur für kurze Zeit – in Obergreiz Vorder- und Hinterschloß, Untergreiz zu Untergreiz, zu Dölau, zu Rothenthal und zu Burgk. Erst 1733 fand Untergreiz wieder zu einer Herrschaft zusammen, fiel nach dem Tode ihres letzten Souveräns 1768 aber an Obergreiz, das nun in Verhandlungen um den Erwerb der Reichsfürstenwürde eintreten konnte und 1778 als erstes aus dem Reichsministerialenstand aufgestiegenes deutsches Grafenhaus gefürstet wurde.
Ähnlich verwirrend gestalteten sich auch die Landesteilungen der jüngeren Linie. Diese zerfiel 1647 in die Zweige Gera [bis 1802], Schleiz, Saalburg [bis 1666] und Lobenstein [bis 1853] und Lobenstein 1671 wiederum in die Zweige Hirschberg [bis 1711], Ebersdorf [bis 1848] und Lobenstein [bis 1824] sowie Lobenstein-Lobenstein noch einmal in die Äste Lobenstein [bis 1805] und die nichtregierende Herrschaft Selbitz [bis 1826], welches am Ende auch den Lobensteiner Part dieser Seitenlinie mit übernahm.
Bei aller Zersplitterung und teilweise wirtschaftlich unsinnigen Zäsuren wie einmal in Stadt Schleiz und Markt Schleiz ging es bei den reußischen Teilungen stets geradezu penibel gerecht zu, worin auch einer der Gründe für die starke Kohärenz der reußischen Linien untereinander zu suchen ist. Meist übernahm der jeweils dynamischste Regent auch die Außenpolitik für anderen reußischen Staaten. Zudem trafen die Reußen bzw. ihre Räte bei jeder nur denkbaren Gelegenheit meist in Zeulenroda oder Schleiz zu einer Art runden Tisch zusammen.

Als Bundesfürsten in Deutschem Bund und Zweitem Kaiserreich

Nachdem Lobenstein 1790 den Anfang gemacht hatte, wurden 1806 auch die anderen Zweige der jüngeren Linie in den Reichsfürstenstand erhoben und alle reußischen Regenten avancierten nach Ablösung der auf ihren Gebieten noch lastenden wettinischen bzw. böhmischen Lehnsabhängigkeiten nach dem Wiener Kongreß 1815 zu souveränen deutschen Bundesfürsten.
Die verwandtschaftlichen Beziehungen des Ebersdorfer Hauses aber führten – allerdings aus matrilinearer Perspektive – noch weiter. Hier hatte die Komtess Auguste von Reuß-Ebersdorf den Herzog Franz Friedrich Anton [†1806] von Sachsen Coburg und Saalfeld geheiratet und verstand daraufhin diskret jene diplomatischen Fäden zu knüpfen, die in der Folge den dynastischen Aufstieg des Hauses Coburg herbeiführen sollten. Von ihren Kindern heiratete Sophie den Grafen Emanuel von Mensdorf-Pouilly, während sich Antoinette mit dem Bruder des ersten Königs von Württemberg und Juliane Henriette Ulrike mit dem jüngeren Bruder der beiden russischen Zaren Alexander I. und Nikolaus I. vermählte. Besondere Bedeutung erlangte Viktoria. Sie heiratete einen Sohn des britischen Königs Georg III. und wurde die Mutter der berühmten Königin Viktoria, deren Gemahl Ernst von Coburg wiederum ein Sohn von Augustes und Franz Friedrich Antons Sohn Ernst, dem späteren Herzog Ernst I. von Sachsen-Coburg war. Ein weiterer Sohn des Paares, Ferdinand, heiratete in das portugiesische Königshaus ein und wurde der Vater König Ferdinands II. von Portugal sowie der Großvater von Zar Ferdinand I. von Bulgarien, während ihr drittältester Sohn Leopold [1790-1865] im Jahre 1831 sogar den belgischen Königsthron bestieg.
Ihrem Neffen Fürst Heinrich LXXII. von Reuß-Ebersdorf [†1853] indes hatte Auguste den Thron Griechenlands zugedacht, den er aber – angeblich ›der Liebe zu seinen Untertanen wegen‹ – ausschlug, obwohl diese vielleicht erleichtert gewesen wären, ihren zwar hochintelligenten, aber launischen, mitunter unberechenbaren Fürsten loszuwerden. Heinrich LXXII. [1797-1853] galt als einer der exzentrischsten Fürsten des 19. Jahrhunderts und über seine Taten und Untaten sind schon ganze Bücher geschrieben worden. Er blieb unverheiratet, hatte aber zahlreiche uneheliche Kinder, von denen allein in Ebersdorf sechs bekannt sind. Auch von dem oft auf Schloß Burgk weilenden regierungsunfähigen letzten männlichen Vertreter der älteren Linie, Heinrich XXIV. [†1927], der nach einem Unfall als Säugling zwar nicht mehr die Sprache erlernen konnte, aber ein gutaussehender junger Mann war, soll es in Gräfenwarth mindestens einen Nachkommen geben.
Nach der Abdankung Heinrichs LXXII. Reuß von Ebersdorf im Revolutionsjahr 1848 übernahm das Haus Reuß-Schleiz dessen Gebiete und konnte so die Voraussetzungen für die Schaffung des Fürstentums Reuß jüngerer Linie schaffen. Nach der Übersiedlung des Fürsten Heinrich LXVII. [1789-1867] nach Gera, das nach dem Aussterben Graf Heinrichs XXX Reuß von Gera [†1802] von den beiden oberländischen Linien gemeinsam regiert worden war, devancieren die Residenzschlösser von Schleiz, Ebersdorf und Lobenstein zu Sommer bzw. Nebenresidenzen, während das Geraer Schloß Osterstein wie ein ›Neuschwanstein Thüringens‹ ausgebaut wurde.
Nach dem Tode des letzten regierenden Fürsten von Reuß älterer Linie, Heinrich XXII. [†1902] und der Regierungsunfähigkeit seines einzigen Sohnes wurde das Greizer Fürstentum von Gera aus verwaltet. Unter Heinrich XXVII. [1858-1928], dem letzten regierenden reußischen Fürsten, stand das Fürstentum Reuß jüngerer Linie auf dem Zenit seines Glanzes. Indem sich die reußische Bevölkerung in den vergangenen 60 Jahren faktisch verdoppelt hatte, gebot der Fürst, wenn man den Greizer Landesteil mit hinzurechnet über 225.381 Untertanen und seine Hauptstadt Gera teilte sich 1911 zusammen mit Krefeld den Titel ›Reichste Stadt des Deutschen Reiches‹. Nachdem die reußischen Städte – besonders [Bad] Lobenstein – mit der bis 1868 in ganz Thüringen durchgesetzten Gewerbefreiheit eine schwere, sonst nur mit der Wende nach 1989/90 vergleichbare Strukturkrise durchleben mußten und die Gegend zwischen Blankenstein und Hirschberg bis zum Bau der großen Papier- bzw. Leder-Werke zu den Notstandsgebieten zählte, hatte sich bis zum Jahre 1910 doch Vieles zum Guten gefügt, zumal zahlreiche Elemente des späteren Sozialstaates damals schon angelegt waren, worauf sich eine, 1913 durch die Metropolen des Reiches reisende Delegation von Mitgliedern der englischen Labor-Partei sogar verwundert darüber zeigte, wie gut sich hier – im Gegensatz zu den hochkapitalistischen Verhältnissen in England – die unteren sozialen Schichten standen, in welchen modernen Unterkünften sie lebten und sogar über Wahlrecht und Rentenabsicherung verfügten.
Schon rechnete man in naher Zukunft mit der Vereinigung der beiden reußischen Fürstentümer zum alleinen Reußenland, doch dann gingen im August 1914 in Europa plötzlich die Lichter aus. Wie sich ein britischer Minister später ausdrückte, waren Deutschland und Österreich wie brummende Fliegen in ein Netz geflogen, das schon Jahre zuvor gespannt worden war. Nicht Deutschlands Kriegsflotte, die kaum mehr als ein Zehntel der des Gegners umfaßte, war den anglo-amerikanischen Seemächten ein Dorn im Auge gewesen, sondern seine gewaltige Handelsflotte und seine immer mehr Staaten als Mitglieder gewinnende Handelsunion. Doch hier beginnt bereits wieder eine andere Geschichte.



Das Reußische Haus nach 1918

Als am 9. November 1918 in Berlin die Abdankung Kaiser Wilhelms II. bekanntgegeben und die Republik ausgerufen wurde, stürzte nicht nur das Kaiserreich ein. Eine antimonarchische Flutwelle aus revolutionären Arbeitern und Soldaten ergoß sich über das Land, die gleich einem Dammburch sämtliche Monarchien in Deutschland niederriß. Ziemlich schroff ging es in Gotha, Weimar und Meiningen zu. In Gera gab Heinrich XXVII. genau im richtigen Augenblick nach, in Greiz kam der Regent dem grotesken Auftritt eines eigens aus Gera nach Greiz in Marsch gesetzten Soldatentrupps sogar zuvor. 1919 fanden die Gebiete der beiden Fürstentümer zum ›Volksstaat Reuß‹ mit Sitz der Regierung in Gera zusammen, bis dieser schon 1920 in dem neugegründeten Freistaat Thüringen aufging.
Nachdem Heinrich XXVII. im November 1918 auch für das Greizer Fürstenhaus mit abgedankt hatte, wurde gegen Ende des Folgejahres das Kammervermögen von Reuß älterer Linie zum Eigentum den Volkstaates Reuß erklärt, in welches auch alle Greizer Schlösser und der größte Teil der Kammergüter und Liegenschaften der Fürstenfamilie überführt wurden. Nachdem das Greizer Unterschloß nach dem Tode Heinrichs XXIV. ebenfalls an den Staat gekommen war, blieben seinen Schwestern von dem beachtlichen fürstlichen Privatbesitz, der allein 50 Prozent der gesamten Waldflächen des Landes ausgemacht hatte, nur noch einige Domänen wie Langenwolschendorf und Burgk.
Zur bekanntesten der Greizer Prinzessinnen wurde Hermine [*1887], die Witwe des Prinzen Johann Georg von Schoenaich-Carolath [†1920], die sich 1922 mit den abgedankten und verwitweten einstigen Deutschen Kaiser Wilhelm II. [†1941] vermählte. Auf Schloß Burgk initierte sie zusammen mit ihrer Schwester Ida dem Umbau eines Stallgebäudes zur heutigen Gaststätte ›Schloßterrasse‹ und brachte damit den Fremdenverkehr in Gang. 1934 überließ Hermine das Schloß ihrer Schwester und hielt sich nachweislich 1944 letztmalig in Burgk auf.
Im Gegensatz zur älteren Linie hatten die Geraer [eigentlich Schleizer] Reußen bei der Fürstenabfindung einen guten Schnitt gemacht. Es blieben ihnen ihre Schlösser, ihre Domänen und das Theater in Gera. Zudem waren sie nach dem Hause Sachsen-Coburg und Gotha nachwievor die größten Waldbesitzer Thüringens. Heinrichs XXVII. in Ebersdorf geborener Sohn Prinz Heinrich XLV. [1895-1945] bot das bürgerliche Leben Entfaltungsmöglichkeiten, die er als Inhaber eines Fürstenthrons nie hätte verwirklichen können. Er widmete sich den Musen und besuchte noch einmal die Universität, wo er Literatur, Musikwissenschaften und Philosophie studierte. 1923 nahm er beim Geraer Theater eine Tätigkeit als Berater und Leiter der dramaturgischen Abteilung auf. Er verkehrte viel in Künstlerkreisen und war auch mit dem Bildhauer Ernst Barlach, den er 1931 mit dem Reußischen Grabmal im Ebersdorfer Schloßpark beauftragte, gut befreundet.
Nachdem der Osterstein am 6. April 1945 durch Bomben zerstört war, erwartete Heinrich XLV. in Ebersdorf das Ende des Zweiten Weltkrieges. Nach dem Einmarsch der Roten Armee in Thüringen Anfang Juli wurde er zunächst unter Hausarrest gestellt, um den 1. August herum von den Schergen des sowjetischen Geheimdienstes NKWD abgeholt und gilt seither als verschollen. Sein gesamtes Vermögen – darunter die Schlösser Osterstein, Ebersdorf und Thallwitz sowie das Anwesen am Mohrenplatz in Gera-Untermhaus wurde daraufhin von der Sowjetischen Militäradministration [SMAD] beschlagnahmt und 1948 enteignet. Das war das Ende der letzten regierenden reußischen Linie.
Die Greizer Fürstentochter Hermine hingegen war vor der anrückenden Roten Armee von den schlesischen Besitzungen ihres verstorbenen ersten Mannes zu ihrer Schwester Ida, die mit dem Fürsten Christoph zu Stolberg-Roßla verheiratet war, in den Harz geflohen. In Roßla vom NKWD festgenommen und zeitweilig inhaftiert, hauste sie zuletzt in einem Haus in der Blumenthal-Straße in Frankfurt/Oder, wo sie mit einer gewöhnlichen Lebensmittelkarte auskommen mußte. Sie starb im Hungerjahr 1947 an einer Lungenentzündung und wurde als Angehörige des preußischen Königshauses im Antiken Tempel in Sanssouci beigesetzt. Ihre Eltern Ida und Heinrich XXII. sowie ihr Bruder Heinrich XXIV. dagegen ruhten in einer schönen neogotischen Grabkapelle, welche erst um 1880 über dem Kreuzungspunkt zweier bedeutender tektonischer Verwerfungszonen Leipzig–Gera–Regensburg, sowie Rastenberg–Jachimov am Ida-Waldhaus bei Greiz erbaut worden war, bis ihre sterblichen Überreste 1969 aus ihren Gräbern gerissen, eingeäschert und die Urnen dann auf dem Neuen Friedhof in Greiz bestattet wurden. 1994 endlich hat man das Mausoleum saniert und die Urnen der fürstlichen Familie 1997 in die Greizer Stadtkirche ›St. Marien‹ überführt.
Glimpflicher kamen die meisten anderen Fürstenhäuser Thüringens davon, auch wenn sie unter Bruch der 1921 mit ihnen geschlossenen Staatsverträge ausnahmslos enteignet wurden. Während der letzte Herzog von Sachsen-Altenburg, Ernst II. als einziger ehemaliger Bundesfürst DDR-Bürger wurde und bis zu seinem Tode 1955 relativ unbehelligt auf Schloß Wolfersdorf lebte, war Prinz Karl August von Sachsen-Weimar-Eisenach [1912-1988] im Juni 1945 mit seiner Familie von ihren Wohnsitz Schloß Wangenheim in die westlichen Besatzungszonen geflohen, wo er später in Weikersheim, Tübingen und schießlich in Stuttgart lebte. Damit die Familie nicht gegen den offiziellen Bruch des Staatsvertrages von 1921 gerichtlich vorgehen konnte, wurden ihren Mitgliedern durch die Thüringer Landesregierung die bürgerlichen Rechte aberkannt. Erst mit einem englischen Paß, den er als Nachfahre König Georg I. von England erhalten hatte, konnte Karl Augusts Sohn, Michael-Benedikt [*1946], ab 1972 wieder in die DDR einreisen und 1987 sogar seine Tochter Leonie in der Weimarer Herderkirche taufen lassen.

Die apanagierte Nebenlinie Reuß zu Schleiz-Köstritz

Indem Heinrich XLV. ohne Kinder war, hatte er schon 1935 seinen Verwandten Heinrich I. [1910-1982] aus der apanagierten Nebenlinie Reuß zu Schleiz-Köstritz adoptiert, allerdings aus erbrechtlichen Gründen. Eine Nachfolge als Oberhaupt des Fürstenhauses Reuß war aufgrund der Bestimmungen des Reußischen Hausgesetzes nicht möglich. Zu seinem Nachfolger als Oberhaupt des Fürstenhauses Reuß sollte er nicht werden.
Diese apanagierte, also nicht regierende, dafür aber mit Landbesitz abgefundene Linie ist heute das einzige noch bestehende reußische Haus – zwischenzeitlich aber wieder in zwei Ästen und verschiedenen Zweige entgegentretend, die sich mitunter schon lange vorher von den Hauptästen abgespalten hatten.
Entstanden war diese aus den Rittergütern [Bad] Köstritz, Steinbrücken, Hohenleuben, Reichenfels, Niederböhmsdorf, Weißendorf, Göttendorf, Triebes und Langenwetzendorf bestehende Mediatherrschaft seitens Graf Heinrich I. von Reuß-Schleiz für seinen jüngeren Sohn Heinrich XXIV. [1681-1748], der für diese Ländereien zwar nicht die Landeshoheit besaß, aber Mitbelehnter an der Landesherrschaft Reuß-Schleiz blieb. Schon unter seinen drei Söhnen Heinrich VI. [†1783], Heinrich IX. [†1780] und Heinrich XXXIII. [†1787] bildete sich 1748 ein älterer, ein mittlerer und ein jüngerer Zweig heraus, worauf das Paragiat und damit der Besitz von Schloß Köstritz u.a. nach dem Erlöschen des älteren Zweiges 1856 auf den mittleren Zweig überging.
Letzter Paragiatsherr war Prinz Heinrich XXXIX. [1891-1946]. Im Gegensatz zu seinem Vater Heinrich XXIV. [†1910] führte er nicht mehr den Fürstentitel. Seine diesseitigen Besitzungen wurden 1945/46 enteignet, seine österreichischen aber unter Zwangsverwaltung der Besatzer gestellt. Erst sein Sohn Heinrich IV. [1946-2012] erhielt 1955 die Schlösser Ernstbrunn und Hagenberg per Staatsvertrag zurück. Sein Sohn Heinrich XIV. [*1955] kehrte nach der Wende nach Köstritz zurück, nahm dort seinen Hauptwohnsitz und erwarb auch das barocke Herrenhaus von Kleinaga. Auf dieser Grundlage pachtete die Familie beträchtliche landwirtschaftliche Nutzflächen und faßte diese zu den ›fürstlichen Kammergütern Großaga‹ – einem Nachfolgebetrieb der bis 1945 hier bestehenden ›Reußischen Kammergüter‹ – zusammen. Nach dem Tode seines Vaters übernahm Heinrich XIV. die Leitung des Reußischen Gesamthauses. Zusammen mit seiner Ehefrau Johanna, einer geborenen Freiin Raitz von Frentz [oo1995] hat er 4 Kinder – und zwar Heinrich XXIX. Prinz Reuß [*1997], Tatiana Prinzessin Reuß [*2001], Luise Prinzessin Reuß [*2005] und Heinrich V. Prinz Reuß [*2012].
Einem anderen Ast des Hauses Köstritz entstammte der, 1935 von Heinrich XLV. dem Sohn des letzten regierenden Fürsten und letzten männlichen Vertreters des Hauses Schleiz zu Gera adoptierte Heinrich I. [†1982]. Sein Vater Heinrich XXXIV. Prinz Reuß [1887-1956] war Herr zu Stondorf [heute Staniszów]. 1939 vermählte sich Heinrich I. mit seiner entfernten Verwandten Woizlawa-Feodora [1918-2019], der einzigen Tochter Adolf Friedrichs zu Mecklenburg und dessen ersten Frau Viktoria Feodora, der ältesten Tochter obengenannten letzten regierenden Fürsten von Reuß jüngerer Linie Heinrich XXVII. [†1928]. Nachdem ihr Mann 1941 wegen einer schweren Kriegsverletzung aus dem Militärdienst ausgeschieden war, lebte das Ehepaar zunächst auf Schloß Osterstein, nach dessen Zerstörung durch Bomben am 6. April 1945 sich die Familie nach Schloß Ebersdorf zurückzog. Von hier flohen sie vor der anrückenden Roten Armee nach Büdingen in Hessen, wo Heinrichs I. Schwester Felizitas [oo mit Otto Friedrich Fürst zu Ysenburg und Büdingen] beheimatet war.
Woizlawa-Feodora und Heinrich I. hatten 6 Kinder: [1] Feodora Prinzessin Reuß [*1942] lernte den Beruf einer Kindergärtnerin und heiratete 1967 den Bankkaufmann Gisbert Graf zu Stolberg-Wernigenrode; [2] Heinrich VIII. Prinz Reuß [*1944] erlernte ebenfalls den Beruf eines Bankkaufmanns und vermählte sich 1973 mit der späteren Studienrätin Dorit Freiin von Ruffin. Ihre beiden Kinder sind [2a] der studierte Jurist Heinrich XX. Prinz Reuß [*1975] und [2b] der studierte Ökonom Heinrich XXIII. [*1979] Prinz Reuß; [3] der Verlagskaufmann Heinrich IX. Prinz Reuß [*1947] heiratete 1984 die gelernte Kinderkrankenschwester Marie-Amelie Gabriele Freiin Besserer von Thalfingen. Die beiden Kinder des Paares sind [3a] Johanna Woizlawa Prinzessin Reuß [*1985] und [3b] Heinrich XXVI. Prinz Reuß [*1988]; [4] der Außenhandelskaufmann Heinrich X. Prinz Reuß [*1948] vermählte sich 1976 in erster Ehe mit der schwedischen Freifrau Elisabeth Åkerhielm af Margrethelund [o//o 1990], in zweiter Ehe 1991 mit Antoinette Gräfin von Arnim und in dritter Ehe 2011 mit Lucina Wolffersdoff-Zajder. Seiner ersten Ehe entstammten [4a] Benigna Cecilia Prinzessin Reuß [*1980], die am 2011 in der Bergkirche zu Schleiz den Malteserritter Don Óscar de Ascoz y Planes heiratete, und [4b] der Malteserritter Heinrich XXIV. [*1984], der sich 2013 mit Dorothea Richiza Louise Gräfin zu Catell-Castell vermählte; [5] Der studierte Ingenieur Heinrich XIII. Prinz Reuß [*1951] aus Frankfurt/Main heiratete 1989 nicht hausgesetzmäßig die Iranerin Susan Doukht Jaladi. Die Kinder des Paares sind [5a] Elena Paria Marie Cicil Prinzessin Reuß [*1989] und [5b] Heinrich XXVIII. Prinz Reuß [*1991] sowie [6] der Restaurator für Möbel und Holzobjekte Heinrich XV. Prinz Reuß [*1956], der sich 1999 ebenfalls nicht hausgesetzmäßig mit Charlotte Nooth-Cooper vermählte, aus deren Ehe ein Sohn Heinrich XXX. [*1999] Prinz Reuß hervorging.
Während Heinrich XXXIX. [†1946] und Heinrich I. [†1982] und ihre Nachfahren der mittleren Linie des Hauses Köstritz entstammen, ist die jüngere Linie derzeit durch den, in Potsdam lebenden Prinzen Heinrich XI. Licco Reuß [*1934] vertreten, der sich 1961 mit Ulfa Freiin von Dörnberg vermählte. In den Jahren 1964, 1965, 1969 und 1976 wurden dem Paar drei Kinder geboren, nämlich Henriette Prinzessin Reuß [oo Ruprecht Caspar Friedrich Graf zu Solms-Baruth], Heinrich XVI. Prinz Reuß [oo Julia Freiin Schenck zu Schweinsberg], Heinrich XVIII. Prinz Reuß [oo Diana von Hagen] und Friederike Alexandrine Prinzessin Reuß , die am 5. Juni 2003 in der Bergkirche zu Schleiz Johann Rotger van Lengerich heiratete, wobei bei dem sich anschließenden Festlichkeiten im Rittersaal des Schlosses Burgk zwischen ein- und zweihundert, meist adelige Gäste, darunter auch zahlreiche Nachfahren ehedem in Oberland und Orlagau heimisch gewesener Adelsgeschlechter zusammenkamen.

Nach der Wende von 1989/90 versuchte Prinzessin Woizlawa-Feodora in Gera wieder Fuß zu fassen und bezog eine Wohnung in einem erhaltenen Trakt des alten Schlosses Osterstein. Von hier aus führte sie einen, mehr als 20 Jahre währenden Prozeß um das 1945 enteignete Eigentum Heinrichs XLV., des Adoptivvaters ihres 1982 verstorbenen Ehemannes. Dabei gelang es ihr 1998 zwar, das Schloß Thallwitz sowie ca. 700 meist im Stadtmuseum zu Gera lagernde Kunstgegenstände zuzurückerlangen, doch landete vieles davon – nichtzuletzt zur Deckung der immensen Verfahrenskosten – gleich im Anschluß in den Kunstauktionen. Die Übertragung des Hofgutes [eines inzwischen immer mehr verfallenden Anwesens am Fuße des Osterstein] sowie des Geraer Theaters, dessen Bau die Geraer Reußen aus ihrer Privatschatulle bestritten, und in das später der sogenannte ›Theaterprinz‹ Heinrich XLV. noch viel investiert hatte, erreichte die Prinzessin jedoch nicht.
Im Gegenzug erwarb eine ebenfalls von Heinrich XXXIV. [†1956] abstammende Seitenlinie, nämlich die des in der Steiermark begüterten Neffen von Heinrich I. [†1982], Heinrich XII. [*1950] im Jahre 1997 im Wurzbacher und Schlegeler Revier mehr als 2.000 ha Staatswald sowie später noch große linkssaalische Waldflächen bei Saaldorf, während der rechtssaalische, zusammen mit dem Burgkwald nach der Wende von der von Reitzensteinischen Forstverwaltung zu Issigau verwaltete Teil mit dem ehemaligen Jagdschloß Waidmannsheil vor nicht allzulanger Zeit ebenfalls wieder in reußischen Besitz gewechselt ist – und zwar in die Hände von Woizlawa-Feodoras Sohn, des oben genannten Prinzen Heinrich XIII. Reuß.

[Beitrag überarbeitet am 30.12.22]

Über den Autor: Alexander Blöthner M. A. (phil.), gebürtig in Plothen bei Schleiz, hat an der Universität Jena ein ›Studium Generale‹ mit Schwerpunkt auf Geschichte und Soziologie absolviert und verfasst Bücher über Lebensphilosophie, Sagen, Orts- und Regionalgeschichte, Landschaftsmythologie als auch Alltags-, Sozial- und Wirtschaftsgeschichte. Sein neuestes Buch: „Wetterextreme im Reußischen Oberland“. Autorenwebseite: Sagenhafte Wanderungen


Buchtipp zu dem Thema: Alexander Blöthner: Kamen die Reußen von der Unstrut? – Das Kloster Homburg bei Bad Langensalza und seine Gründer: Neuere Untersuchungen zu den Vorfahren der Vögte von Weida (aus der Reihe Plothener Hefte zur Thüringer Regionalgeschichte Band 12), Plothen 2017, 96 S. Paperback, Preis: 9,90 €, Bezug Buchhandel ISBN-Nr. 978-3-74317-635-5).

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